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Dunstklocke über Berlin
© Federico Gambarini/dpa

Berliner Luft: Sorgt das Coronavirus wirklich für weniger Luftverschmutzung?

Ausgangsbeschränkungen, Homeoffice, Isolation: Vieles deutet auf weniger Autoverkehr und weniger Luftverschmutzung hin. Doch ist das so einfach?

Luftqualität an der Messstation in Mitte: Note sehr gut. Luftqualität am Hardenbergplatz: ebenfalls sehr gut. Selbst an der Leipziger Straße, wo wegen der schlechten Luftqualität Tempo 30 gilt, heißt es: Luftqualität gut.

Immer häufiger n den vergangenen zwei Wochen haben die Berliner Messstationen für Luftqualität saubere Luft in der Hauptstadt gemeldet. Denn aufgrund der Beschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus ist der Verkehr in Berlin deutlich zurückgegangen. Das zeigen Datenanalysen des Tagesspiegel Innovation Labs mit Verkehrsdaten von TOMTOM.

Wie sauber ist die Luft wirklich?

Die Daten zur Luftqualität bestätigen das auf den ersten Blick: Wo weniger Verkehr herrscht, ist die Luft sauberer. In den ersten Tagen nach Inkrafttreten der strengeren Maßnahmen ist beispielsweise die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) deutlich zurückgegangen. Die Daten kommen von 17 Messstationen, die die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz im gesamten Stadtgebiet und dem Umland betreibt.

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Die Leipziger Straße ist seit den Ausgangsbeschränkungen gegen die Coronavirus-Pandemie regelmäßig autofrei.
Die Leipziger Straße ist seit den Ausgangsbeschränkungen gegen die Coronavirus-Pandemie regelmäßig autofrei.
© Paul Zinken/dpa

Je nach Station werden verschiedene Schadstoffe gemessen, woraus die einzelnen Stationen dann jeweils einen Luftqualitätsindex errechnen. Allerdings haben sich die Messwerte der Stationen langsam wieder normalisiert und liegen nur noch geringfügig unter den üblichen Werten. Auch die Feinstaubbelastung ist in dieser Woche wieder leicht angestiegen. Denn so einfach ist das mit der sauberen Luft leider nicht.

Der Wind verteilt die Schadstoffe

Das liegt vor allem am Wetter. Denn das hat einen großen Effekt auf die Schadstoffbelastung in der Luft. So lassen sich die Auswirkungen, die der geringe Verkehr auf die Berliner Luftqualität haben könnte, noch nicht abschätzen. Auf Nachfrage des Tagesspiegels erklärte Dorothee Winden, stellvertretende Sprecherin der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: “Um den Einfluss der Wetterschwankungen aus den gemessenen Luftgüte-Messdaten statistisch gesichert herauszurechnen bzw. quantifizieren zu können, brauchen wir einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten – vor, während und nach der Coronakrise.”

Ein großes Problem bei der Ermittlung der Auswirkungen der Ausgangsbeschränkungen auf die Luftqualität in Berlin sei, dass unter anderem die Windstärke in der Hauptstadt sich in den vergangenen Wochen stark geändert habe. Je stärker der Wind durch Berlins Straßen weht, desto besser verteilen und verdünnen sich Schadstoffe.

Momentan nehme der Verkehr in ganz Berlin ab, zudem ändere sich das Wetter. Dadurch können die Veränderungen in der Schadstoffbelastung der Luft nur sehr schwer auf einen dieser beiden Faktoren zurückgeführt werden.

[Wie der Verkehr in den größten deutschen Städten zurückgeht, sehen Sie in diesen Analysen.]

Eine wirkliche Einschätzung ist erst nach Ende der Krise möglich

Die Auswirkungen des Coronavirus auf die Qualität der Berliner Luft, wenn überhaupt, erst nach längerer Zeit abschätzbar sein. Berlinerinnen und Berliner müssen sich also noch gedulden, um zu erfahren, wie sauber die Luft in Zeiten von Corona war. 

Saubere Luft hin oder her: Für Radfahrerinnen und Radfahrer gibt es bereits eine positive Änderung: Als erster Berliner Bezirk hat Kreuzberg begonnen – zumindest vorübergehend – Autospuren zu Radwegen umzuwidmen. Maßnahmen wie diese können, unabhängig von einer tatsächlichen Änderung der Luftqualität, zu einer fahrradfreundlicheren Stadt führen und so einen Schritt zur Mobilitätswende darstellen. Un an dieser, betonte Winden gegenüber dem Tagesspiegel, arbeite die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimawandel – unabhängig von Corona – bereits “seit über drei Jahren”.

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