Bilanz ziehen und in die Zukunft blicken: So will Bildungssenatorin Scheeres die Qualität der Berliner Schulen verbessern
Sandra Scheeres blickt auf zehn ereignisreiche Jahre Berliner Schulpolitik zurück. Ein Maßnahmenpaket soll nun für Verbesserung des Schulsystems sorgen.
Fast auf den Tag genau ist es zehn Jahre her, dass Sandra Scheeres erstmals als Berliner Bildungssenatorin vereidigt wurde: Noch länger haben es seit dem Krieg in diesem Ressort nur Joachim Tiburtius (CDU, elf Jahre) in Westberlin und Margot Honecker (SED, 26 Jahre) in Ostberlin geschafft. Am Montag zog die Sozialdemokratin überraschend Bilanz und präsentierte 36 „Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität des Berliner Bildungssystems“. Dabei würdigte Scheeres auch die Rolle der von ihr einberufenen Expertenkommission.
Die Kommission unter der Leitung des Kieler Erziehungswissenschaftlers Olaf Köller hatte im Jahr 2020 einen 100-Seiten-Bericht vorgelegt mit dem Hauptziel, die Zahl besonders leistungsschwacher Schülerinnen und Schülern messbar („um mindestens fünf Prozentpunkte“) zu verringern und damit letztlich auch die Quote der Schüler ohne Abschluss zu drücken. Von der Kita an sind alle 36 „Maßnahmen“ diesem Ziel verpflichtet.
Scheeres erinnerte daran, dass sie in den ersten fünf Jahren ihrer Amtszeit keine größeren Reformen veranlasste, um den Schulen die Möglichkeit zu geben, nach den Umbrüchen der vorangegangenen Legislaturen – Grundschul- und Sekundarschulreform – zu sich zu kommen. Allerdings fiel in diese Zeit der Ausbau der Inklusion sowie der Beginn des akuten Lehrkräftemangels.
Insofern war der 2011 verkündete „Schulfrieden“ von kurzer Dauer: Bereits vor Scheeres’ Wiederwahl 2016 stand fest, dass die Grundschulen fast ohne ausgebildeten Nachwuchs dastanden: Für 1000 offene Stellen gab es nur 175 Absolventen, sodass vor allem Oberschullehrer und Quereinsteiger genommen wurden. 2018 wurden dann auch die Quereinsteiger knapp.
„Schulbauoffensive“ sollte helfen 40.000 zusätzliche Schüler unterzubringen
In Scheeres’ zweiter Legislatur kam eine weitere große Bürde hinzu: Die gebürtige Düsseldorferin erhielt vom Regierenden Bürgermeister die Aufgabe, Berlins kaputtgesparte Schulen mittels der milliardenschweren „Schulbauoffensive“ zu sanieren und auszubauen, um rund 40000 zusätzliche Schüler unterzubringen.
Zwischen Schulbau und Lehrkräftemangel blieb allerdings nicht genug Zeit, sich um Qualitätsverbesserungen zu kümmern, im Gegenteil: Der Personalmangel verschärfte das Qualitätsproblem, so dass Berlin zusammen mit Bremen stets auf den hintersten Plätzen der bundesweiten Bildungsrankings landete. So kam es dazu, dass Scheeres’ im achten Jahr ihrer Amtszeit kurz vor dem Aus stand und die Expertenkommission holte.
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Inzwischen ist einiges angeschoben: Scheeres selbst hatte bereits 2019 verfügt, dass Grundschülerinnen und Grundschüler in Klasse 1 bis 4 je eine Stunde mehr Deutsch bekommen, zudem wurde ein Schwerpunkt auf die Mathematikförderung gelegt. Die Expertenkommission hat zudem das Augenmerk auf die Kitas gerichtet, die den Kindern gezielter als bisher bei der Sprachentwicklung und beim Zahlenverständnis unterstützen sollen.
Zudem soll sich die Schulinspektion intensiver um schwache Einrichtungen kümmern und mehr als bisher die Leistungsdaten der Schülerschaft in den Blick nehmen soll. Auch ist eine Führungskräfteakademie im Aufbau. Um das Qualitätsprogramm der Kommission möglichst vollständig umzusetzen, hat Scheeres in ihrer Behörde eine Geschäftsstelle für den Beirat eingerichtet. Sie hofft, dass ihre – noch nicht feststehende Nachfolge – die Expertise des Beirats auch künftig nutzen wird.