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Derzeit marschieren hunderte Asylbewerber von Bayern nach Berlin - aus Protest gegen die Zustände in ihren Heimen.
© dapd

Zu wenige Unterkünfte: So viele Flüchtlinge wie seit zehn Jahren nicht mehr

In Berlin leben fast 4000 Asylbewerber - und müssen sich 3600 Heimplätze teilen. Auch in Brandenburg sieht es nicht besser aus.

Nach Berlin und Brandenburg kommen wieder mehr Flüchtlinge. Wie das zuständige Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales mitteilte, werden demnächst fast 4000 Asylbewerber in der Stadt leben. Davon haben in diesem Jahr allein 3000 Menschen einen neuen Antrag gestellt – so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr, als zu Beginn des Krieges in ihrer Heimat viele Afghanen kamen. Die in Berlin verfügbaren Unterkünfte für Asylbewerber haben nur 3600 Plätze – sie sind derzeit also überbelegt. „Wir fragen Kirchen, Bezirke und Wohlfahrtsverbände, ob sie freie Gebäude haben“, sagte die Sprecherin des Landesamtes, das Gesundheitsenator Mario Czaja (CDU) untersteht.

Viele der Neuankömmlinge sind vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen, außerdem kamen Roma aus Serbien, Rumänien und Mazedonien. In den Balkanländern lebten sie oft in Hütten ohne sichere Strom- und Wärmeversorgung, weshalb im Herbst besonders viele auch in deutsche Städte fliehen. Wohlfahrtsmitarbeiter berichten, dass viele auch wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus diesem Juli gekommen seien, wonach Flüchtlingen der Sozialhilfesatz zusteht.

In den vergangenen Tagen hatte es erneut Beschwerden von Anwohnern am Görlitzer Park gegeben. Mehrere Familien wohnen dort in ihren Autos und um sie herum. Die meist rumänischen Roma campierten mit Gaskochern auf dem Fußweg, hieß es. Als Bürger der Europäischen Union haben Flüchtlinge aus Rumänien kaum Aussicht auf politisches Asyl.

An ungenutzten Gebäuden mangelt es in Berlin nicht, allerdings scheinen sich nicht alle Bezirke für Flüchtlinge zu öffnen. Während in Lichtenberg rund 1000 Männer und Frauen, in Spandau und Tempelhof-Schöneberg immerhin noch je mehr als 500 untergebracht sind, fehlen Asylbewerbereinrichtungen in Steglitz-Zehlendorf und Reinickendorf. Die beiden CDU-regierten Bezirke sind weder flächenmäßig klein noch finanziell besonders schlecht ausgestattet. Wohlfahrtsexperten gilt der zuständige Staatssekretär Michael Büge (CDU) aber als engagiert. Von der Senatsgesundheitsverwaltung hieß es, man stehe in intensiven Gesprächen mit den Bezirken, Ziel sei eine angemessene Unterbringung.

Brandenburg stellt die Entwicklung vor ähnliche Probleme. Dort werden Asylbewerber für das Erstaufnahmeverfahren zunächst zentral in Eisenhüttenstadt untergebracht, ehe sie auf die Landkreise verteilt werden. In Eisenhüttenstadt leben aktuell 489 Flüchtlinge, sagte der Sprecher des Innenministeriums. Herkunftsländer seien Russland, Syrien, Serbien und Afghanistan. Erstmals seit vielen Jahren komme die Einrichtung damit wieder an „die Kapazitätsgrenze“. Zum Vergleich: 2007 hatte die Belegung zwischen 50 und 130, 2008 zwischen 62 und 116 und 2009 zwischen 95 und 150 Flüchtlingen geschwankt. Das Ministerium bestätigte, dass die Verteilung auf die Landkreise schwierig sei, weil diese in den letzten Jahren ihre Unterbringungskapazitäten reduziert hätten.

Am 5. Oktober wollen Flüchtlinge, die in einem Protestzug aus Würzburg losgelaufen sind, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen, Berlin erreichen.

Hannes Heine, Thorsten Metzner

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