Starke Pkw-Zunahme selbst in Kreuzberg: So steigt Zahl der Autos in Berlins Bezirken – trotz Verkehrswende
Die Berliner besitzen immer mehr Autos – selbst dort, wo die Bevölkerungszahl schrumpft. Am größten ist der Anstieg in einem Innenstadtbezirk.
Regelmäßig beschwört Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) die Verkehrswende und die damit verbundene Abkehr vom Auto. Doch in Berlin bewegen sich die Zulassungszahlen weiterhin nur in eine Richtung: nach oben. Auch im vergangenen Jahr kamen mehr als 8000 Fahrzeuge hinzu. Ihre Zahl stieg auf 1,23 Millionen – und wuchs damit stärker als die Bevölkerung.
Längst sind die wachsenden Zulassungszahlen nicht mehr durch den Zuzug in die Hauptstadt zu erklären, sondern weil offenbar bei immer mehr Berlinern die Lust auf ein eigenes Auto wächst. Dieses Bild zeigt sich auch fast ausnahmslos in den zwölf Bezirken der Stadt.
Denn erstmals liegen nun Daten vor, wie sich die Zulassungszahlen in den Bezirken der Hauptstadt seit 2017 entwickelt haben. Selbst im Stadtzentrum ist von einer weiteren Abkehr vom Auto demnach fast nirgends etwas zu erkennen.
So stieg die Zahl der zugelassenen Pkw zwischen 2017 und Mitte 2021 nirgends so stark wie im Innenstadtbezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Um 7,1 Prozent erhöhte sich die Zahl der Autos. Insgesamt kamen mehr als 8300 Wagen im Bezirk neu hinzu – und das obwohl die Bevölkerungszahl in der City West in diesem Zeitraum stagnierte.
Mit mehr als 125.000 Wagen gibt es nun nirgends in der Stadt mehr Autos als in dem Bezirk im Westen der Innenstadt. Den zweitgrößten Zuwachs erlebte der Bezirk Spandau. Mit 6,3 Prozent, oder 5300 Autos wuchs die Zahl der fahrbaren Untersätze auch im äußersten Westen Berlins klar überdurchschnittlich.
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Wie sehr Wahrnehmung und tatsächliche Lage auseinanderklaffen können, zeigt sich hingegen nirgends so stark wie in Friedrichshain-Kreuzberg. Im Modellbezirk der Verkehrswende stieg die Zahl der zugelassenen Autos um 5,6 Prozent, mehr als 3000 Fahrzeuge kamen auf den Straßen Friedrichhains und Kreuzbergs neu hinzu. Der Bezirk verzeichnete damit das dritthöchste Wachstum innerhalb Berlins, wenngleich von einer deutlich niedrigeren Basis aus: Mit nun gut 63.000 Fahrzeugen gibt es immer noch nirgendwo so wenige Autos wie in dem Innenstadtbezirk.
Um 5000 Fahrzeuge und knapp fünf Prozent legte der Wert innerhalb von dreieinhalb Jahren im südöstlichen Außenbezirk Treptow-Köpenick zu. Platz vier mit Blick auf das prozentuale Zulassungswachstum. Zugleich wuchs der Bezirk allerdings auch um mehr als 12.500 Einwohner.
In Neukölln hingegen sank die Zahl der gemeldeten Bewohner seit 2017 um mehr als 2300. Trotzdem sind dort heute 3400 Autos mehr unterwegs. Ähnlich ist das Bild in Tempelhof-Schöneberg: Während das Bevölkerungswachstum stagnierte, wurden im beobachteten Zeitraum weitere 3400 Fahrzeuge zugelassen.
Nur in Mitte ist die Zahl der Autos gesunken
Einzig Mitte fällt aus der Entwicklung heraus. Im zentralen Berliner Bezirk sank die Pkw-Zahl gegen den Trend um ein Prozent.
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Blickt man auf die gemeldeten Pkw je Einwohner verzeichnet Friedrichshain-Kreuzberg trotz des Anstiegs bundesweit den niedrigsten Wert. Auf tausend Bewohner kommen dort 219 Autos. In Mitte liegt die Quote bei 224 Fahrzeugen. Die höchste Autodichte verzeichnet mit 405 Wagen je tausend Einwohnern Steglitz-Zehlendorf. Dahinter folgen Reinickendorf (388), Treptow-Köpenick (380) und Charlottenburg-Wilmersdorf (368) knapp vor Marzahn-Hellersdorf (365) und Spandau (362).
Auch wenn die Zahlen steigen, die Berliner besitzen damit im deutschlandweiten Vergleich immer noch deutlich seltener ein Auto. Im Bundesdurchschnitt waren im Jahr 2020 auf tausend Einwohner 580 Pkw zugelassen.