„Wir werden das nebenbei überprüfen“: So scharf will Berlin die Maskenpflicht kontrollieren – oder auch nicht
Ab heute gibt’s Bußgelder fürs maskenfreie Fahren in Bus und Bahn. Doch wer treibt die eigentlich ein? Der Checkpoint hat nachgefragt.
Diesen Artikel lasen Sie zuerst im Checkpoint-Wochenende, der Samstagsausgabe des Tagesspiegel Checkpoint-Newsletters. Jeden Morgen informiert Sie Lorenz Maroldt und sein Team im Checkpoint-Newsletter über alles, was Berlin bewegt. Kostenlos in Ihrem E-Mail-Postfach. Zur Anmeldung bitte hier entlang.
Heute endet die verordnete Ein- und Zweisamkeit in Berlin. Das Kontaktverbot ist aufgehoben, es dürfen sich wieder beliebig viele Personen treffen, die in verschiedenen Haushalten leben. Wer nun meint, keine Ausrede mehr vor der Schwiegermutter zu haben, kann auf Paragraph 1, Absatz 1 der aktuellen Infektionsschutzverordnung verweisen: „Jede Person ist angehalten, die physisch sozialen Kontakte zu anderen Menschen möglichst gering zu halten.“ Wenn Schwiegermutti „angehalten“ und „möglichst“ nicht gelten lässt, tragen Sie aber besser Mundschutz auf der Fahrt zu ihr. Schließlich gibt’s seit heute auch Bußgeld fürs maskenfreie Fahren in Bahn, Bus und Tram.
50 Euro zahlt, wer der Polizei die Nase zeigt, bei notorischen Maskengegnern können bis zu 500 Euro fällig werden. Da könnte einiges zusammenkommen für die klammen Berliner Pandemie-Kassen. Bei rund 75 Prozent liegt die Masken-Quote aktuell in den Fahrzeugen der BVG, teilte ein Sprecher mit. Bei zwei Millionen BVG- plus einer Million S-Bahn-Fahrten am Tag würden rund 750.000 Möglichkeiten zum Abkassieren bleiben. Macht bei 50 Euro je Falschfahrer also theoretisch (!!) 37.500.000 Euro pro Tag. Bevor der Finanzsenator jetzt aber das Rote Rathaus zum Golden Rathaus macht, kurze Nachfrage: Wer treibt die Bußgelder eigentlich ein.
„Die DB ist als Unternehmen nicht befugt, Verstöße gegen staatliche Vorschriften zu sanktionieren“, sagt eine Bahnsprecherin. Also vielleicht die Bundespolizei? „In der S-Bahn kontrollieren wir das nicht“, sagte eine Sprecherin der Bundespolizei, man erteile höchstens Platzverweise auf den Bahnhöfen und übermittle die Daten. Dann vielleicht die BVG? „Wir kontrollieren nicht, dafür ist die Polizei zuständig“, sagt ein BVG-Sprecher. Is mir egal eben.
Kollegin Ann-Kathrin Hipp hat bei der Polizei nachgefragt, dort akzeptieren sie immerhin die Zuständigkeit. Aber: „Wir werden das nebenbei überprüfen.“ Und weiter: „Es werden keine zusätzlichen Beamten explizit für die Kontrolle der Maskenpflicht bereitgestellt und eingesetzt.“ Immerhin, es gibt bereits Personen, die den ÖPNV kontrollieren. Fünf Doppelstreifen, je ein Polizist und ein BVGler. Zehn gegen 750.000 – die Chancen der Textilgegner können Sie nun selbst ausrechnen. Wenn Berliner Freiheit und Behördenpingpong zusammenkommen, könnte es am Ende Leben kosten.
Und wer es jetzt immer noch nicht verstanden hat, dem sei der Kommentar von Kollege Sebastian Leber empfohlen: Maskenverweigerer, ich verachte euch zutiefst!
Abonnieren Sie den Tagesspiegel Checkpoint-Newsletter mit allen Meldungen, Tipps, Verlosungen und Comics für die trotz allem beste Stadt der Welt. Hier geht’s zur Anmeldung.