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Ermüdend. Oft dauert es lange, bis Eltern ihr Geld bekommen.
© dpa/Oliver Berg

Personalnot in den Ämtern: So lange warten Berliner in den Bezirken auf Elterngeld

In Zehlendorf kann es mehr als drei Monate dauern, bis das Elterngeld kommt. Alle Bezirke klagen über zu wenig Personal. Richtig schnell sind nur Tempelhof-Schöneberg und Neukölln.

Carolina kam im Oktober zur Welt. Mitte November stellte ihre Mutter, Franziska Hoffmann, einen Antrag auf Elterngeld. Doch mehr als die Aussage, dieser werde irgendwann im März bearbeitet, hat die Dozentin für Deutsch als Fremdsprache bisher nicht erhalten.

In ihrer Zehlendorfer Krabbelgruppe ist sie damit nicht allein. Der Bezirk kommt nicht hinterher, die Anträge bleiben liegen. Franziska Hoffmann ist Freiberuflerin. Deswegen erhält sie nicht die ersten acht Wochen nach der Geburt Mutterschaftsgeld, sondern hat sofort Anspruch auf Elterngeld. „Wir hatten einen kleinen finanziellen Puffer und leben vom Einkommen meines Mannes“, sagt Hoffmann. Bei ihrer ersten Tochter, die knapp drei Jahre alt ist, gab es die Wartezeiten nicht. Das Elterngeld, das die Einkommenseinbußen ausgleichen soll, beträgt abhängig vom vorangegangenen Verdienst zwischen 300 und 1800 Euro.

Drei bis dreieinhalb Monate brauche die Elterngeldstelle bis zur Bearbeitung, sagt Jugendstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne). Es habe große personelle Engpässe gegeben, zwei Stellen seien unbesetzt gewesen. Inzwischen gebe es aber neue Mitarbeiter. Jetzt gehe es darum, den Antragsberg abzuarbeiten. Aus diesem Grund ist die Elterngeldstelle nur für zwei Stunden in der Woche für persönliche oder telefonische Gespräche geöffnet. „Es gibt keinen anderen Weg“, sagt Markl-Vieto.

Regionale Unterschiede

Lange Wartezeiten sind in Berliner Bezirken ein leidiges Thema – allerdings gibt es regionale Unterschiede. Im vergangenen Jahr fiel Charlottenburg-Wilmersdorf negativ auf. Dort klagten Betroffene über Wartezeiten bis zu einem halben Jahr. Laut Jugendstadträtin Elfi Jantzen (Grüne) hat man das Problem in den Griff bekommen. Inzwischen beträgt die Bearbeitungszeit sieben Wochen. Man habe Personal umgeschichtet und befristet Mitarbeiter eingestellt und damit den Bearbeitungsstau abgearbeitet.

Viel Geduld muss man auch in Friedrichshain-Kreuzberg aufbringen. 15 Wochen dauere es durchschnittlich bis zur Auszahlung, sagt Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne). Manchmal könnten Härtefälle vorgezogen werden. Sie verweist auf steigende Geburtenzahlen und fehlendes Personal. Der Bezirk brauche die Möglichkeit, neue Mitarbeiter einstellen zu können. „Es kann nicht sein, dass nur diejenigen was kriegen, die am lautesten schreien“, sagt Herrmann. Wichtig sei eine in Berlin verbindliche Festlegung darauf, wie viele Akten ein Mitarbeiter betreuen kann, und dann eine entsprechende Personalausstattung.

Im Jugendamt Mitte beträgt die Bearbeitungszeit derzeit bis zu zehn Wochen. Die Jugendamtsleiterin nennt unter anderem unplanmäßige Personalengpässe und deutliche Steigerung der Anträge aufgrund des Bevölkerungszuwachses als Gründe. Um Bearbeitungsrückstände aufzuarbeiten, kommt es auch immer wieder zu Schließzeiten.

Mehr Anträge und wechselnde Rechtsprechung

In Spandau erhalten Antragsteller in vier bis sechs Wochen den Bescheid, obwohl hier leicht ansteigende Antragszahlen verzeichnet werden. Dazu wirkt sich seit dem vergangenen Jahr das neue Betreuungsgeld aus, für das nur eine halbe Zusatzstelle bewilligt wurde. Die Bearbeitungszeit könnte sich demnächst zeitweise verlängern, weil eine der vier Stellen frei wird. Eine Mitarbeiterin scheidet aus, die Neubesetzung muss ein Ausschreibungsverfahren durchlaufen, sagt Jugendamtsleiter Bernhard Prinz.

Acht bis neun Wochen dauert die Bearbeitungszeit in Reinickendorf. Derzeit werden die Eingänge von Anfang Dezember bearbeitet, informiert das Jugendamt auf seiner Webseite. „Das ist nicht optimal“, sagt Jugendstadtrat Andreas Höhne (SPD), doch bei steigenden Fallzahlen bräuchte man mindestens einen fünften Sachbearbeiter. Den gibt die dünne Personaldecke aber nicht her und so bleibt es beim Versuch, „alles zu tun, damit wir nicht schlechter werden“.

Steigende Fallzahlen und die ständig wechselnde Rechtsprechung erschweren auch die Situation in Lichtenberg. Jugendstadträtin Sandra Obermeyer (parteilos für die Linke) hofft, die durchschnittliche Bearbeitungszeit von vier bis sechs Wochen stabil halten zu können. Luft für Verbesserungen sieht sie ohne Personalaufstockung nicht. Fünf Personen bearbeiteten im vergangenen Jahr 3939 Anträge, Tendenz steigend. In Pankow liegen die Wartezeiten ebenso bei vier bis sechs Wochen, sagt Lutz Kopischke vom Jugendamt.

„In Neukölln sind wir top“

Fünf bis sechs Wochen dauert die Bearbeitung in Treptow-Köpenick, sagt Jugendstadtradtrat Michael Grunst (Linke). Derzeit gibt es rund 400 offene Anträge mit steigender Tendenz. Erschwerend wirkt sich die Tatsache aus, dass bei rund der Hälfte die Unterlagen unvollständig sind.

„Die Kollegen sind unter Druck und schaffen es nur mit Mühen, die Anträge innerhalb der vier Wochen zu bearbeiten“, sagt Jugendstadträtin Juliane Witt (Linke) in Marzahn-Hellersdorf. Nachdem der Senat im Januar die Stärkung der Elterngeldstellen beschlossen und der Bezirk eine zusätzliche Stelle beantragt hat, erwartet Witt, „dass der Senat seine eigenen Beschlüsse ernst nimmt und zeitnah eine neue Kollegin starten kann“.

Richtig schnell geht es nur in Neukölln und Tempelhof-Schöneberg. „In Neukölln sind wir top“, sagt Stadtrat Falko Liecke (CDU): „Wir haben eine Bearbeitungszeit von zwei bis drei Wochen, wenn ein vollständiger Antrag vorliegt. Wenn es hart auf hart kommt, dann geht eine Bearbeitung auch von heute auf morgen.“ Laut Liecke hat sich bewährt, dass eine Honorarkraft eingestellt wurde, die die Akten jeweils so aufarbeitet, dass die Sachbearbeiter nur noch fachlich entscheiden müssen. Ähnliche Zeiten vermeldet auch Tempelhof-Schöneberg.

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