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Der S-Bahnhof am Olympiastadion. Das linke Foto entstand Mitte der 30er, das rechts im Februar 2016.
© Suttonarchiv/Kai-Uwe Heinrich

Neues Buch, alte Fotos: Slideshow Olympiastadion: Reise zurück in die 30er

Ein Berliner hat ein bemerkenswertes Buch mit historischen Bildern vom Olympiastadion veröffentlicht. Wir haben die Orte heute wiedergefunden

Zwischen diesen beiden Bildern liegen 80 Jahre. Die Herren tragen Anzug, die Damen dolle Hüte. Kännchen Kaffee steht fast überall auf dem Tisch. Im Hintergrund: das neue Olympiastadion. 80 Jahre später klettert der Fotograf durchs Gebüsch, sucht den Standort von damals. Wo früher ein schmissiger Biergarten mit 5000 (!) Plätzen war, wächst heute Gestrüpp hinter der Zentrale des Landessportbundes. „Stadionterrassen“ hieß das gesellige Örtchen; die einstigen Abstufungen sind kaum noch zu erkennen. Das Geländer? Zu modern, aber die Perspektive stimmt: das Dach und das Olympische Tor – fast wie 1935 …

Autor ist Stephan Brandt, er wohnt im Kiez

Es ist ein Experiment: das exakte Motiv aus der Vergangenheit zu suchen, die beiden Bilder übereinander zu legen, um sie miteinander vergleichen zu können (wir haben für Sie in diesem Text einmal ein paar Beispiele zusammengestellt).

In Szenekiezen wie Mitte ist das kaum möglich, weil sich die Orte dort so massiv verändert haben, dass das Auge die Spuren der Vergangenheit gar nicht mehr wiedererkennt. In Westend klappt das ganz wunderbar.

Und das liegt auch an Stephan Brandt, einem 55-Jährigen, der Mathematiker ist und leidenschaftlicher Sammler von Fotos aus seinem Kiez. 10.000 besitzt er, und die besten zeigt er in seinen Büchern. Wie zum Beispiel dem neuen hier: „Von der Pferderennbahn Grunewald zum Olympiastadion – 1907 bis 1945“, erschienen im Suttonarchiv.
Dank der Fußball-WM (die ja in diesem Sommer auch schon wieder zehn Jahre her ist) gibt es unzählige Bücher über das Stadion. Eigentlich ist alles gesagt, geschrieben, erzählt – und dann kommt dieses Buch daher: Brandt hat bei Ebay alte Postkarten ersteigert, in Archiven gewühlt und so immer wieder Fotos entdeckt, deren Details so nur noch die Großväter kennen.

Hier fanden die Olympische Spiele statt, zwei Fußball-Weltmeisterschaften, oft waren hier Bagger unterwegs und doch sieht vieles so aus wie damals vor 80 Jahren. Auch dank des Denkmalschutzes. Da sind zum Beispiel die vielen Bushaltestellen vor dem Stadion, neben dem S-Bahnhof. Warum es die überhaupt gibt? Weil dort früher die Straßenbahnen hielten. Im April 1928 kam es damals auch zu einem schweren, aber doch eher unbekannten Unglück. Die Fans kamen vom Fußballspiel zwischen Tennis Borussia und Hertha BSC, die Straßenbahn fuhr von der Jesse-Owens-Allee die heutige Flatowallee hinab, konnte nicht bremsen und fiel auf der Heerstraße um. Es gab sechs Tote und 100 Verletzte.

Diese Geschichte kennt Brandt natürlich, er kennt den Kiez, ist im Schatten der vier Flutlichmasten aufgewachsen (die einst zur WM 1974 aufgebaut wurden und auch schon wieder Geschichte sind). Als Junge ist auch er zu Hertha gegangen – allerdings wie so viele erst zu Halbzeit, weil dann der Eintritt kostenlos war. Er kennt noch die großen Hertha-Erfolge im Olympiastadion, an die vielleicht ja in diesem Sommer die Mannschaft anschließt.

Hertha spielt am Mittwoch um den Einzug ins Pokal-Halbfinale. Das Endspiel findet zwar nicht seit den 30ern, aber doch seit 1985 Jahr für Jahr im Olympiastadion statt (und bis auf 1993 auch immer ohne die Hertha).

Das neue Buch zum Olympiastadion.
Das neue Buch zum Olympiastadion.
© André Görke

Brandt sucht mehr als nur Architektur in seinen Bildern, er sucht Geschichten, die Menschen. Er ist so eine Art Hobbyhistoriker wie es sie in allen Ecken der Stadt gibt, von Kladow bis Französisch Buchholz, von Buckow bis Heiligensee. Er blättert in seinem Buch, zeigt auf die Mode der damaligen Zeit und lässt sich selbst auch von seinen historischen Fundstücken begeistern: „Haben Sie je die Waldbühne als Baustelle so gesehen?“

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