Hauptstadtflughafen: Siemens-Chef verärgert BER-Verantwortliche
Die Brandschutzanlage am BER kann Siemens bisher nicht fertigstellen. Aber die Firma hat laut ihrem Chef sowieso keine Eile. Das erzürnt viele Verantwortliche und der Konzern versucht zu beschwichtigen.
Viele Freunde hat sich der neue Siemens-Chef Joe Kaeser in Berlin und Brandenburg nicht gemacht. Seine Äußerungen vor Studenten der Technischen Universität München, dass der Hauptstadtflughafen BER im Moment nicht gebraucht werde, versetzte zwar niemanden in Alarmbereitschaft – aber verärgert ist man in der Region schon. Wie berichtet hatte Kaeser gesagt, dass es ausreiche, wenn der Airport erst in fünf bis zehn Jahren aufmache.
Die Flughafengesellschaft selbst will sich nicht äußern. Doch der Unmut auf der Baustelle ist groß. „Dass ausgerechnet von Siemens so etwas kommt, die an den Verzögerungen nicht unschuldig sind und sogar daran verdienen, ist bezeichnend“, sagte ein Verantwortlicher. Andere verwiesen darauf, dass Siemens für ein zentrales Projekt auf der Baustelle zuständig ist: die Steuerung der Entrauchungsanlage. Eineinhalb Jahre hat Siemens für diese Arbeiten anvisiert, allerdings müssen noch Vorarbeiten geleistet werden, bis das Unternehmen loslegen kann. In den Kabeltrassen herrscht völliges Wirrwarr.
In Berlin glaubt man jetzt zwar nicht, dass Siemens selbst auf die Bremse tritt, aber Verwunderung herrscht schon. Senatssprecher Richard Meng sagte auf Nachfrage: „Äußerungen wie diese sind ungeschickt. Es darf nicht der Eindruck der Gleichgültigkeit entstehen.“ Meng ist aber sicher, dass die Flughafengesellschaft dafür sorgen wird, dass es zügig vorangeht. „Und auch die Auftragnehmer müssen mit Nachdruck für eine zeitgemäße Erledigung der Arbeiten sorgen.“
Brandenburgs Linke ist empört
Die Vertreter Brandenburgs im Aufsichtsrat sind entrüstet. Finanzminister Helmuth Markov (Linke) sagte dem Tagesspiegel: „Der Manager eines der größten Konzerne der Bundesrepublik zeigt, dass ihm die Zukunft der Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg herzlich egal ist.“ Wirtschaftsminister Ralf Christoffers erklärte, ihm sei nicht klar, auf welcher Grundlage Kaeser zu seiner Einschätzung gekommen sei. Der Flughafen Tegel arbeite an der Belastungsgrenze, der BER müsse so schnell wie möglich in Betrieb genommen werden. Tatsächlich meldete die Flughafengesellschaft am gestrigen Donnerstag neue Rekordzahlen für Tegel. „Bereits am 30. November haben wir am Flughafen Tegel die Passagierzahlen aus dem gesamten Jahr 2012 übertroffen“, sagte BER-Chef Hartmut Mehdorn. 18,2 Millionen Fluggäste waren es bisher, ein Zuwachs von 7,7 Prozent. Auch Brandenburgs Flughafen-Staatssekretär Rainer Bretschneider sagte: „Ich erwarte, dass die Firma Siemens ihre vertraglichen Pflichten fristgerecht erfüllt und ihren Beitrag zur schnellstmöglichen Inbetriebnahme des BER leistet.“
Siemens selbst relativierte am Donnerstag. „Wir werden unser Möglichstes dafür tun, bei der zügigen Fertigstellung des Flughafens mitzuwirken“, sagte ein Sprecher. Die Aussagen von Konzern-Chef Kaeser seien aus dem Zusammenhang gerissen. Kaeser habe in seinem Vortrag von den Großprojekten gesprochen, die im Siemens-Konzern schief gelaufen seien, unter anderem die verspätete Auslieferung von ICE-Zügen an die Bahn, die ihm „mega-peinlich“ sei.
Immer noch große Probleme auf der BER-Baustelle
Auf der BER-Baustelle hat Siemens mit einigen Problemen zu kämpfen. Im Mängelbericht des BER vom Sommer hieß es: „An zirka 70 Prozent aller Kabel und 20 Prozent aller Kabeltrassen ist Handlungsbedarf gegeben.“ Im aktuellen Bericht von Mehdorns „Sprint“-Team steht hier die Ampel auf Rot. 13 Prozent der Arbeiten sind danach erst erledigt. „Kritisch sind derzeit die Ertüchtigung der Hauptverkabelung und der Personalbeistellung.“
Zwar laufen erste Arbeiten. Um überhaupt an die Kabel heranzukommen, müssen aber teilweise vorher Decken und Wände aufgebrochen werden. Jetzt kalkuliert Mehdorn nach den Unterlagen allein für das „Herstellen von Wand- und Bodendurchbrüchen und -schlitzen sowie Um- und Neuplanungen“ Restbauleistungen im Umfang von 3,67 Millionen Euro – im nagelneuen Terminal. Das alles muss erledigt sein, damit Siemens mit der Brandschutzanlage anfangen kann.