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Die Statue in Berlin-Moabit.
© imago

Verantwortung „für die Sicherheitslage in Ostasien“: Senatskanzlei drängte auf Abbau der Berliner „Friedensstatue“

Die Statue erinnert an vom japanischen Militär versklavte Frauen. Um die Beziehung zu Tokio nicht zu gefährden, soll die Statue nun abgebaut werden.

Entgegen bisherigen Aussagen hat die Berliner Senatskanzlei doch Druck auf das Bezirksamt Mitte ausgeübt, damit die „Friedensstatue“ in Moabit abgebaut wird. Die Statue erinnert an die vom japanischen Militär sexuell versklavten Mädchen und Frauen während des Asien-Pazifik-Krieges.

Nach Tagesspiegel-Recherchen hat die Senatskanzlei auf die besondere Verantwortung der Bundesrepublik und der Hauptstadt Berlin für die Sicherheitslage in Ostasien gepocht.

Ende September war die „Friedensstatue“ enthüllt worden. Bereits eineinhalb Wochen später hatte das Bezirksamt mitgeteilt, dass die auf ein Jahr befristete Genehmigung aufgehoben wird.

Die Begründung der Behörde: Die Statue habe „in Japan auf nationaler wie lokaler Ebene und auch in Berlin zu Irritationen geführt“. Der Bezirk wolle auf „eine Parteinahme in zwischenstaatlichen und insbesondere historischen Konflikten verzichten“. Bis Mitte Oktober sollte die Statue abgebaut werden.

Noch steht sie aber. Nach Protesten und Interventionen von Linke, Grüne und SPD verhandeln Bezirksamt und „Korea Verband“ weiterhin. Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) hofft darauf, dass das Mahnmal so gestaltet werden kann, „dass alle Beteiligten damit leben können“.

Am 13. Oktober hatte die Senatskanzlei dem Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint erklärt, dass sie „keinerlei Zuständigkeit (...) für die Entfernung von Statuen wie der in Frage stehenden im Stadtteil Moabit“ habe.

Nach der Aufstellung der Statue habe die Senatskanzlei „Gespräche mit der japanischen Botschaft und dem Bezirksamt Mitte geführt und sich für eine schnelle Lösung eingesetzt“.

Senatskanzlei unterstützt den Abbau der Statue

Doch für die Senatskanzlei konnte es offenbar nur eine Lösung geben: Abbau der Statue. In einem Schreiben vom 12. Oktober an Bezirksbürgermeister von Dassel schrieb der Protokollchef der Senatskanzlei, Andreas Zimmer: „Die Senatskanzlei Berlin begrüßt die Entscheidung des Bezirksamtes Mitte, die Ausnahmegenehmigung zum Aufstellen der sogenannten ,Friedensstatue‘ und ihrer Texttafeln zu widerrufen, ausdrücklich.“

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Zimmer bedankte sich in seinem Schreiben beim Bezirksbürgermeister „für den offenen Austausch und die konstruktive Zusammenarbeit mit der Senatskanzlei“. Und Zimmer begrüßte es, dass es von Dassel „gelungen ist, umgehend eine Lösung herbeizuführen und das Bezirksamt Mitte von Berlin am 7. Oktober 2020 den Widerruf der Ausnahmegenehmigung“ veranlasst habe.

Statue gefährde die Beziehung von Tokio und Berlin

Das Thema der „Trostfrauen“ sei „von höchster Sensibilität für die Beziehungen zwischen Japan und Korea und hat das Potenzial, die Beziehungen zwischen den Hauptstädten Berlin und Tokio sowie zwischen Berlin und Japan nachhaltig zu gefährden“, schrieb der Protokollchef.

Korea und Japan hätten sich 2015 darauf verständigt, dass die Frage „abschließend und unumkehrbar geregelt ist“. Es sei „für die Sicherheitslage in Ostasien“ und die Bundesrepublik von großer Bedeutung, „dass die Wertepartner Deutschlands in der Region trotz der historischen Belastungen zu einem funktionierenden Verhältnis finden“.

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Diese Einschätzung des Auswärtigen Amts teile die Senatskanzlei. „Sicher lassen sich andere Wege finden, um das wichtige Thema ,Frauen als Opfer von Krieg und Gewalt‘ angemessen zu thematisieren.“

Zimmer wies auf „langjährige und vertrauensvolle Beziehungen“ zur Partnerstadt Tokio hin. Der Austausch mit Partnern sei für Berlin „als Hauptstadt und weltoffener internationaler Metropole“ ein zentrales Anliegen.

Die Grünen in Mitte vermuteten ohnehin, die Genehmigung für die Statue sei auf Druck Japans, des Senats und des Auswärtigen Amtes aufgehoben worden.

„Für uns ist es klar, dass die Friedensstatue bleiben muss. Die Kunstfreiheit ist ein hohes Gut und darf nicht durch den Willen von Politik in Deutschland, aber auch von anderen Staaten eingeschränkt werden“, sagte Laura Neugebauer, Fraktionssprecherin der Mitte-Grünen, am Samstag. „Die Vorwürfe, dass über verschiedene Wege versucht wurde, Druck auf das Bezirksamt auszuüben, müssen aufgeklärt werden.“

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