Stadtentwicklung: Senatsbaudirektorin: „Wolkenkratzer gehören nicht nach Berlin“
Regula Lüscher findet, mancherorts in der Stadt gebe es geeignete Standorte für neue Hochhäuser, die aber nicht alle Maße sprengen sollten. Bei der Tagesspiegel-Veranstaltung in der Urania diskutierte sie mit Experten.
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher kann sich in Berlin mehr Hochhäuser vorstellen – allerdings keine Türme mit mehr als 150 Metern Höhe. Vor allem am Charlottenburger Ernst-Reuter-Platz, aber auch am Breitscheidplatz sei es „nicht abwegig, diese Standorte weiter zu verdichten“, sagte Lüscher am Donnerstagabend in der Urania. Mehr als 200 Gäste waren auf Einladung des Tagesspiegels und der Architektenkammer zur Diskussion „Berlin will hoch hinaus – brauchen wir neue Hochhäuser?“ gekommen.
Lüscher machte deutlich, dass sie Riesentürme wie in Dubai oder Schanghai ablehne: „Wolkenkratzer gehören nicht nach Berlin, sie sprengen den historischen Maßstab.“ Am Ernst-Reuter-Platz seien aber Neubauten denkbar, die sich an den 80 Metern Höhe des denkmalgeschützten Telefunken-Hochhauses orientieren. Der Platz „würde eine zweite Reihe vertragen“, besonders, wenn diese die Gegend um zusätzliche Nutzungsarten wie Wohnungen bereichere.
Hochhausbauherren müssten „der Stadt etwas zurückgeben“, forderte die Senatsbaudirektorin. Wünschenswert sei etwa, das oberste Geschoss „grundsätzlich öffentlich zugänglich“ zu machen – außer, wenn es sich um ein reines Wohngebäude handele. Jedenfalls sei es „faszinierend, aus einem Hochhaus auf die Stadt zu blicken“.
Anders als in Zürich, wo die Schweizerin früher maßgeblich an einer Hochhausleitlinie beteiligt war, sieht sie in Berlin bisher kaum Regulierungsbedarf: „Der Druck auf Berlin ist noch nicht so immens.“
Tatsächlich ist von den seit Jahren geplanten 150-Meter-Türmen am Alexanderplatz in Mitte noch nichts zu sehen. Am Breitscheidplatz dagegen soll neben dem neuen „Zoofenster“ mit dem Waldorf-Astoria-Hotel jetzt ein zweiter 118-Meter-Turm namens „Upper West“ entstehen. Dessen Architekt Christoph Langhof argumentierte in der Diskussion auch mit ökologischen Vorteilen von Hochhäusern: Man könne „Flächen sparen und kurze Wege schaffen“. Aus Langhofs Sicht ist der Streit um Hochhäuser in Berlin zu emotional und manchmal beinahe hasserfüllt. Bei Projekten wie Upper West gehe es doch nur um eine „harmlose Dimension“. Im Vergleich zu vielen anderen Städten baue man gerade mal „mittelhoch“. Berlin müsse wieder „wilder und mutiger“ werden, forderte Langhof.
Skeptisch zeigte sich der Kunsthistoriker und ehemalige Vorsitzende des Landesdenkmalrats, Adrian von Buttlar. Er lehne Hochhäuser nicht grundsätzlich ab, doch sei der Abriss des denkmalgeschützten Schimmelpfeng-Hauses am Breitscheidplatz zugunsten der zwei neuen Türme ein „Sündenfall“. Die City West solle „ihren Charakter behalten“, den besonders die 50er und 60er Jahre geprägt hätten.
Und auch am Ernst-Reuter-Platz seien weitere Hochhäuser unnötig, denn in erster Linie sei dieser ein Verkehrsknotenpunkt. „Man muss nicht alle Nutzungen an einem Ort haben, und man muss dort nicht im Café sitzen“, sagte von Buttlar.
Auf Nachfrage von Gerd Nowakowski, Leitender Redakteur des Tagesspiegels und Moderator des Abends, äußerte sich Senatsbaudirektorin Lüscher auch zum Kant-Dreieck. Wie berichtet, möchte die Eigentümerfirma KapHag das elfstöckige Bürohaus in der Kantstraße gemäß des ursprünglichen Entwurfs von Josef Paul Kleihues um sechs Etagen aufstocken – der Bezirk aber will dies nur erlauben, wenn das Dachsegel künftig werbefrei ist. Lüscher sagte, sie werde sich nicht einmischen: Das Thema habe „keine gesamtstädtische Bedeutung“. Sie selbst habe sich nie am Anblick des Kant-Dreiecks in seiner bisherigen Form gestört und sehe „keinen städtebaulichen Grund, warum dort unbedingt ein Hochhaus hinmuss“.
Auch der wachsende Wohnungsmangel in Berlin kam in der Diskussion zur Sprache. Hochhäuser seien in der Regel keine Lösung, sagte Lüscher: „Die Wohnungsbaugesellschaften wollen gar nicht über 22 Meter Höhe gehen.“ Unter anderem wegen strengerer Brandschutzvorschriften seien größere Bauten „unökonomisch“ – zumindest, wenn es nicht um Luxuswohnungen, sondern um Räume für Normalverdiener gehe.
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