Mietspiegel in Berlin: Senator Andreas Geisel plaudert zu früh
„Wir gehen davon aus, dass wir im Mittel oberhalb von sechs Euro pro Quadratmeter liegen“ - das hat neue Senator für Stadtentwicklung wohl zu früh verraten.
Kaum im Amt, schon die erste Fehlleistung? Der neue Senator für Stadtentwicklung Andreas Geisel (SPD) soll einem RBB-Bericht zufolge das wohl wichtigste Ergebnis des neuen, noch nicht fertiggestellten Mietspiegels ausgeplaudert haben: „Wir gehen davon aus, dass wir im Mittel oberhalb von sechs Euro pro Quadratmeter liegen“, zitiert der Sender Geisel. Ein Tabubruch, denn der Senat schwört seit Jahren alle an der Redaktion des Mietspiegels beteiligten Amtsleute, Wissenschaftler und Verbände auf eisernes Schweigen ein.
Sprecher bemüht sich um Schadensbegrenzung
Geisels Sprecher Martin Pallgen bemühte sich am Dienstag um Schadensbegrenzung, sprach von einer „Einschätzung des Senators“ und weiter: „Wir können keine konkrete Zahl nennen und werden das auch nicht tun, weil die Auswertung der Daten noch nicht abgeschlossen ist.“ Der Mietspiegel ist eine wichtige Grundlage für Verhandlungen über Mieterhöhungen und erscheint zum nächsten Mal im Mai.
Von einem „Fauxpas“ sprach der Chef des Berliner Mietervereins Reiner Wild. Vielleicht versuche Geisel mit der Veröffentlichung dieser Zahl, zwei Ärgernissen etwas von ihrer Brisanz zu nehmen: den hohen Einstiegsmieten bei der Förderung von neuen Sozialwohnungen sowie viel zu hohen Mieten der bestehenden Sozialwohnungen. Der Hintergrund: Weil die Eigentümer der vor vielen Jahren mit Millionensubventionen errichteten Sozialwohnungen viel zu hohe Mieten verlangen dürfen, können sich Haushalte mit geringen Einkünften diese gar nicht leisten. Deshalb beziehen Besserverdienende Sozialbauten in guten Lagen – und in den Randlagen der Stadt stehen sie leer. Dieses bereits von Geisels Vorgänger Michael Müller, dem jetzigen Regierenden Bürgermeister, ignorierte Problem übernimmt nun der neue Stadtentwicklungssenator als Altlast.
Starker Zuzug macht Neubau notwendig
Geisels Sprecher Pallgen allerdings will den Zusammenhang nicht erkennen können. Der Senator habe mit der Aussage, die Pallgen nicht bestreitet, aber auch nicht bestätigen wollte, „eine Richtung andeuten“ wollen, wohin die Mieten sich entwickeln. Der Bausenator habe verdeutlichen wollen, dass „Handlungsbedarf besteht, weil die Mieten steigen und deshalb viel Druck auf dem Neubau“ lastet.
Ähnlich argumentiert der wohnungspolitische Sprecher beim Koalitionspartner, Matthias Brauner (CDU), und fordert, über „eine Verdoppelung des Wohnungsbauprogramms nachzudenken“. Würden die Mittel im Wohnungsbaufonds verdoppelt, sei die Errichtung von 60 000 neuen Wohnungen möglich. Der starke Zuzug mache den Neubau notwendig.