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Blick auf den leeren Spielplatz auf dem Marheinekeplatz in Berlin-Kreuzberg.
© Kitty Kleist-Heinrich

Maßnahmen gegen Coronavirus: Senat und Bezirke uneins über Spielplatz-Schließungen in Berlin

Der Senat will Berlins 1800 Spielplätze nicht schließen, gegen die bundesweite Leitlinie. Fünf Bezirke tun es trotzdem.

Die Bezirke finden keine einheitliche Linie im Umgang mit den Spielplätzen. Die Bundesregierung hatte in ihren Leitlinien zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie eine bundesweite Schließung aller Spiel- und Bolzplätze beschlossen. Am Dienstag kündigte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) an, dass die Berliner Spielplätze vorerst offen blieben – die Kinder sollten jedoch 1,50 Meter Abstand beim Spielen halten.

Während einige Bezirke die Entscheidung für nachvollziehbar hielten, schlossen andere die Spiel- und Bolzplätze eigenständig. Mitte kündigte bereits am Dienstagabend die Schließung an, Spandau, Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf und Marzahn-Hellersdorf schlossen die Spielplätze am Mittwoch kurzfristig. In den übrigen Bezirken blieben sie vorerst auf.

„Bei uns sammeln sich die Kinder dort“, sagte die Marzahn-Hellersdorfer Stadträtin Nadja Zivkovic (CDU) zur Begründung, die Abstandsregeln seien kaum einzuhalten. Sie appelliert: „Geht spazieren, aber geht nicht auf die Spielplätze!“

Der Spandauer Stadtrat Frank Bewig (CDU) übte heftige Kritik: „Ich bin fassungslos, dass der Senat dieser ausdrücklichen Empfehlung der Bundesregierung und aller Bundesländer – und damit auch seiner eigenen Empfehlung – nicht gefolgt ist.“

Maren Schellenberg, Stadträtin in Steglitz-Zehlendorf, berichtet von „zehn Kindern, die gleichzeitig auf einer Nestschaukel sitzen“. Das sei nicht weiter zu verantworten.

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Während das Neuköllner Bezirksamt derzeit noch uneins ist und am Abend erneut beraten will, will man in anderen Bezirken der Senatslinie folgen. Das teilten etwa die zuständigen Stadträte aus Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg mit. Der Pankower Stadtrat Torsten Kühne (CDU) rief Eltern dazu auf, darauf zu achten, dass auch kleine Kinder auf Spielplätzen „ein bis zwei Meter“ Abstand zu anderen halten.

Die Stadträtin Christiane Heiß (Grüne) aus Tempelhof-Schöneberg erklärte, eine Sperrung der Spielplätze sei nicht Bestandteil der Berliner Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus. „Daher finde ich es schwierig, über die dort festgelegten Maßnahmen hinaus auf Bezirksebene zusätzliche Maßnahmen anzuordnen, zumal es hierbei auch um eine erhebliche weitere Einschränkungen der Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum geht.“

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Auch in Lichtenberg und Treptow-Köpenick bleiben die Spielplätze vorerst geöffnet. „Wir bewerten die Situation gerade jeden Tag neu“, sagte der Lichtenberger Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke). Er habe im Bezirk beobachtet, dass die Spielplätze bereits sehr leer seien, zum Teil ganz verwaist. „Wenn wir die Spielplätze schließen, weichen die Leute einfach auf die Grün- und Parkflächen aus.“ Er habe aber den Eindruck, dass die Bürger – bis auf wenige Ausnahmen – sehr verantwortungsvoll mit der aktuellen Lage umgehen würden. „Wir haben da gerade eher Probleme an anderer Stelle“, sagte Grunst und verwies auf die sogenannten „Corona-Partys“.

Keine Antwort gab es bislang auf Anfragen an das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Vereinzelt waren hier am Mittwochmorgen Spielplätze geschlossen, andere in der Umgebung offen.

Senatssprecherin Melanie Reinsch sagte, die zwölf Berliner Bezirke könnten selbst entscheiden, ob sie die öffentlichen Spielplätze in ihrem Zuständigkeitsbereich schließen. Die Ansage des Senats, Spielplätze trotz der Corona-Krise weiter für die Kinder in der Stadt offen zu halten, könne auf Grund der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung zwischen Haupt- und Bezirksverwaltung nur eine Empfehlung sein.

In Berlin gibt es etwa 1.850 öffentliche Spielplätze, für deren Planung, Bau und Unterhaltung allein die Bezirke verantwortlich sind.

Michael Müller verteidigt die Entscheidung des Berliner Senats, die Spielplätze nicht zu schließen. "Es ist schwierig, öffentliche Spielplätze zu schließen", sagt er. Man könne das kaum kontrollieren.

Die Entscheidung des Senats könne sich aber in den nächsten Tagen ändern. Er appelliert nochmal an die Menschen, zu Hause zu bleiben.

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