Zukunft des Flughafengeländes Tempelhof: Senat treibt Pläne zur Zentral- und Landesbibliothek voran
Die umstrittene neue Zentral- und Landesbibliothek soll 2021 fertig sein, die Pläne sind längst gemacht. Derweil weichen die ersten Zwischennutzer vom Feld. Von Plänen, Projekten und Problemen.
Es wird ein gigantischer, sehr komplizierter Umzug. Bis zu vier Millionen Bücher und andere Medien müssen so behutsam in der neuen Zentral- und Landesbibliothek untergebracht werden, dass sich der Neubau nicht senkt und Risse bekommt. Ein halbes Jahr wird das mindestens dauern, im Spätherbst 2021 soll die Bibliothek eröffnet werden. Auf dem letzten Stand der digitalen Welt, aber es wird auch noch sehr viele Bücherregale geben.
In der Eingangshalle kann der Besucher seine Garderobe einschließen, sich anmelden und eine „Erstinformation“ erhalten. Dem schließt sich eine Lobby an, mit Läden oder Ständen für Papier, Stifte und anderes Arbeitsgerät. Mit einem Akkuservice und bibliothekseigenen Schriften, aber auch Zeitungen und Zeitschriften sind dort einsehbar. Angedockt an das Foyer ist eine Kinderbetreuung. Das Nutzungskonzept für die neue Berliner Zentralbibliothek füllt vier Aktenordner. An diesem Bedarfsprogramm müssen sich die 49 Architektenbüros orientieren, die am laufenden Wettbewerb für den geplanten Hochbau ganz in der Nähe des U- und S-Bahnhofs Tempelhof teilnehmen.
Geplant ist viel
Im Nutzungsprogramm wird beschrieben, wie die automatisierte Bücherausleihe und -rückgabe funktioniert, die in der „zentralen Medienlogistik“ hinter dem Foyer zu finden sein wird. Zusammen mit einem Infocounter und den Abholtheken für reservierte Medien. Bis zu 30 000 Medien können hier täglich sortiert und transportiert werden. Die Bibliothek soll ein „Null-Energie-Haus“ werden, das täglich von 10 000 bildungshungrigen Menschen besucht wird, die sich Bücher, DVDs, CDs und andere Medien ausleihen, außerdem W-Lan und Datenbanken nutzen. Hier solle „herkunfts-, generationen- und schichtenübergreifendes Lernen und Begegnung“ stattfinden, verspricht das Bedarfskonzept.
Rund 27 500 Quadratmeter, also mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche von 50 000 Quadratmetern, werden für das Publikum offen zugänglich sein. Viermal so viel wie in den bisherigen Bibliotheken. Einem zentralen Informationsbereich sind sechs Fachbereiche angegliedert, mit PCs, Schulungsräumen und einem Bereich für die Schnellrecherche. Fast eine Million Medien sind im Freihandbereich direkt zugänglich. Fürs Lesen und Arbeiten stehen 3200 Einzelplätze, Gruppenräume und Eltern-Kind-Plätze zur Verfügung. Auch Arbeitsräume für Sehbehinderte. In einer Artothek kann man sich Kunst ausleihen, im Sonderlesesaal wertvolle historische Bestände einsehen. Es wird auch eine Kinder- und eine Jugendbibliothek geben.
Geplant sind außerdem Veranstaltungsräume für bis zu 350 Menschen, ein Multifunktionsraum – und eine offene Parkarena, die den Übergang zwischen Bibliothek und Tempelhofer Feld darstellt. Hier trifft man sich, schmökert oder diskutiert, es wird auch ein Bistro geben, mit Blick auf Park und Stadt.
Die Bagger sollen schon in den nächsten Wochen rollen
Die Bibliothek soll der Nukleus und zugleich Hauptanziehungspunkt für das geplante „Bildungsquartier“ sein, das laut Masterplan mit rund 1300 Wohnungen bebaut werden soll, aber auch mit verträglichem Gewerbe am Tempelhofer Damm. Auch Studenten sollen hier Wohnraum und Arbeitsmöglichkeiten finden. Baubeginn ist frühestens 2015, zu diesem Zeitpunkt wäre ein möglicher Volksentscheid über die Bebauung längst entschieden.
Auf dem Areal stehen zurzeit die Holzhütten des Zwischennutzungsprojekts „Arche Metropolis“, doch schon zum Jahresende müssen die Metropolisleute ihren Platz räumen. Hintergrund sind Konflikte mit der Parkaufsicht. Es gab mehrfach Beschwerden wegen lauter Musik, Verzehr von Alkohol und Drogen. Offiziell wird die Nichtverlängerung des Vertrags mit dem „laufenden Evaluierungsprozess“ der Pioniernutzer begründet. Die übrigen Nutzer dürfen ein Jahr länger bleiben, einige haben schon den Betrieb auf dem Feld eingestellt.
Mit dem bevorstehenden Bau des Wasserbeckens entlang des Vorfeldes hat die Kündigung für den Zwischennutzer nichts zu tun. Die Bagger sollen schon in den nächsten Wochen rollen, es sei denn, die Naturschutzverbände klagen mit Erfolg gegen die erteilte Baugenehmigung. Das bestätigte am Donnerstag die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Das Projekt habe mit dem Konflikt um die Randbebauung des Feldes nichts zu tun, sagte eine Sprecherin.
Mit dem Erdaushub des Beckens soll ein Rundwall aufgeschüttet werden, der zur Parkplanung gehört. Auf dem Wall soll ein Rad- und Fußgängerweg entstehen. Weiter östlich ist – ebenfalls unabhängig von den Bauquartieren – im nächsten Jahr der erste Bauabschnitt für einen Nord-Süd-Radweg geplant.
Am S-Bahnhof Tempelhof ist ein Stadtplatz vorgesehen, der das Viertel nach Süden öffnet, zusammen mit dem Grünzug zur südlichen Landebahn.
Mehr Simulationen und eine Leserdebatte zu den Plänen finden Sie hier.
Thomas Loy, Ulrich Zawatka-Gerlach