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Der Senat will die Entscheidung über die Zukunft der Buckower Felder an sich ziehen und bremst ein Bürgerbegehren aus.
© dpa

Wohnungsbau auf dem Buckower Feld: Senat bremst Bürgerbegehren in Berlin-Buckow aus

Bausenator Michael Müller (SPD) bremst ein Bürgerbegehren aus. Kritiker sagen: Er hat nichts aus dem Volksentscheid Tempelhof gelernt. Die Grünen empören sich über "Taschenspielertricks", die die direkte Demokratie aushebeln. Mit Olympia wolle man dasselbe machen.

Die Buckower Felder am Rande Berlins werden landwirtschaftlich genutzt. Dass diese von „außergewöhnlicher städtischer Bedeutung“ sein könnten, war den Bauern bisher nicht bewusst. Denn hier sollen 500 günstige Mietwohnungen gebaut werden. Die 15 Hektar gehören dem Land. Federführend ist die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land. Doch es hat sich Widerstand formiert. Ein Bürgerbegehren soll das Vorhaben stoppen.

Ein Konflikt mit offenem Ausgang, würde der Senat nicht unvermutet eine Trumpfkarte ausspielen: Der künftige Regierende Bürgermeister und Noch-Bausenator Michael Müller (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU) einigten sich darauf, die Felderbebauung als gesamtstädtisch bedeutsam zu erklären und damit die Planungen an sich zu ziehen. Der entsprechende Senatsbeschluss ist für nächste Woche vorgesehen. Das Bürgerbegehren wäre damit wertlos. Nur mit einem Volksentscheid auf Landesebene könnte das Vorhaben noch gestoppt werden – was wohl kaum Erfolg hätte.

Die Grünen im Bezirk reagieren empört. Der Senat versuche, mit „Taschenspielertricks die direkte Demokratie auszuhebeln“, wettert Jochen Biedermann. Die Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, wirft Müller Unehrlichkeit vor. „Öffentlich bekennt sich Müller zur Bürgerbeteiligung, praktisch macht er genau das Gegenteil.“ Grüne und Piraten befürchten, Müller mache die Buckower Felder zum Präzedenzfall für strittige Bauvorhaben. In Lichterfelde-Süd sind bis zu 2500 Wohnungen geplant, auch hier protestiert eine Bürgerinitiative und sammelt Unterschriften. Ähnliches gilt für die Elisabethaue in Pankow.

Die Erinnerung ans Tempelhofer Feld

Müller hatte sich nach der Niederlage auf dem Tempelhofer Feld mehrfach dazu bekannt, neue Formen von Bürgerbeteiligung zu finden, um die Akzeptanz von Planungen zu verbessern. Für die weitere Entwicklung des Feldes setzte er einen erklärten Gegner der Baupläne als neutralen Koordinator ein, den BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser. Der arbeitet an einem modellhaften Verfahren zur Einbeziehung der Bürger.

„Da ist der Lerneffekt aus dem Tempelhofer Feld wohl noch nicht vorhanden“, sagt Heuser. Schon das Bürgerbegehren selbst sei ein „Indikator, dass es kein Vertrauen gibt, an einem offenen Dialog beteiligt zu werden. Das erweckt den Eindruck, da wird von oben durchregiert“.

Die CDU-Fraktion steht hinter dem Senatsbeschluss, aber „nur mit Bauchschmerzen“, wie der wohnungspolitische Sprecher Matthias Brauner sagt. Mitten im Verfahren die Regeln zu ändern, sei problematisch, findet auch sein Fraktionskollege Stefan Evers. „Es kann nicht sein, dass dem Bürgerengagement der Boden entzogen wird.“ Neuköllns Stadtrat Thomas Blesing (SPD) wies Darstellungen zurück, die Initiative für die Übernahme der Planungen sei vom Bezirk ausgegangen. „Das ist keine Frage von Personalkapazitäten.“ Allerdings könne er den Schritt nachvollziehen. „Das Bürgerbegehren zielt auf Nullbebauung, das ist schwer hinnehmbar.“

Auch zu Olympia keine Volksbefragung

Auch in der Debatte um die Olympiabewerbung werfen Grüne, Piraten und Linke der rot-schwarzen Koalition vor, die Bürgerbeteiligung auszubremsen. Ein für Donnerstag geplantes Gespräch aller Fraktionsvorsitzenden über eine Verfassungsänderung sei kurzfristig abgesagt worden. CDU und SPD hätten kein Interesse an einer „verbindlichen Volksbefragung“, die in der geltenden Verfassung nicht vorgesehen ist, erklärten die Oppositionsfraktionen. Die CDU dementierte die Absage. Es habe noch keinen verbindlichen Gesprächstermin gegeben.

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