Flüchtlinge in Berlin: Seelengärten für Flüchtlingskinder
Flüchtlingskinder üben sich im Gärtnern. Das soll ihnen helfen, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten.
Begeistert greifen die Kinder nach den Gießkannen, Schaufeln und Harken und rennen zu den Hochbeeten ihrer Flüchtlingsunterkunft in der Marienfelder Allee. Sie gießen die Tomaten und Gurken, ernten Ringelblumenblüten, jäten das Unkraut und füllen Pflanzenerde nach. Und mittendrin steht die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast. Sie erklärt die Pflanzen und ihre Pflege, von den Blüten bis zur Frucht. Später bereiten die Kinder aus den Ringelblumenblüten eine Pesto zu, schneiden eifrig Knoblauch, stampfen Sonnenblumen.
Den 15 Flüchtlingskindern aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, alle zwischen sechs und zehn Jahren alt, ist die Freude anzusehen. Täglich bearbeiten die Kinder unter Anleitung die Hochbeete. Regelmäßig ist auch die Traumatherapeutin Tina Dietz dabei, um über die Beschäftigung in der Natur dabei zu helfen, die schrecklichen Erlebnisse von Krieg, Vertreibung und Flucht zu verarbeiten.
Idee entstand schon Ende Mai
Die Idee zum Projekt „Mobile Seelengärten für Flüchtlinge“ entstand schon Ende Mai. „Etwas aufzubauen, wo Menschen selbst etwas mitgestalten und aufbauen können. Die Mitarbeiter der Flüchtlingsunterkunft waren sofort begeistert“, sagt Künast, die die Patenschaft für das Projekt übernommen hat.
Künast hat in Marienfelde aber auch das große Flüchtlingsproblem vor Augen: „Wenn ich die Bilder vom Lageso sehe, könnte ich weinen“, sagt sie. „Hier aber können die Kinder wachsen und lernen. Gerade Kinder mit Fluchterfahrungen und einer traumatischen Vergangenheit brauchen immer wieder Ruhe und Verlässlichkeit“, sagt die Bundestagsabgeordnete und ergänzt: „Wir erzeugen mit solchen Aktionen friedliche Situationen. Das gehört an einen Ort wie diesen.“
In zwei Wochen neues Projekt
Dietz ergänzt: „Der Garten ist ein Gegenpol zu den schrecklichen Erfahrungen der Vergangenheit. Es geht aber auch um die momentane Perspektivlosigkeit der Flüchtlinge. Ein Garten ist besonders gut für die Behandlung. Zu spüren, dass sie etwas bewegen können.“
In zwei Wochen kommt ein neues Projekt hinzu, im Georg-Kriedte-Haus in Lichtenrade. Hier sind sogar zehn Beete geplant. „Dort sollen auch Erwachsene mitmachen“, sagt Dietz. Gerne würde sie hierfür lokale Unternehmen gewinnen: „Nicht nur Geldspenden, auch Patenschaften für Gartengeräte oder Pflanzenerde würden uns helfen“, betont die Therapeutin. „Für die Flüchtlinge ist diese Arbeit eine große Hilfe.“
Mehr Infos bei der Initiative Mobile Seelengärten, Keya Choudhury, mail@soulgardenberlin.com, 0177/78 09 626
Matthias Jauch