Müll im Volkspark in Berlin: Schweinereien in Friedrichshain
Mit dem Sommer kommt der Müll in die Parks. Für die einen ist das ein Dauerärgernis, für die anderen eine Arbeitsmaßnahme – und es gibt auch Menschen, die sich darüber freuen.
Montagmorgen um halb acht ist der Volkspark Friedrichshain fast leer. Jogger drehen ihre Runden, eine alte Frau führt ihren Hund aus. Ansonsten ist es ruhig.
Und obwohl kaum jemand hier ist, kann man genau festmachen, wo am Abend zuvor die Menschen saßen, in Gruppen, auf Picknickdecken, um sich herum verteilt die üblichen Utensilien eines Tages in der Sonne: Bier, Brötchen, Würstchen, die ein oder andere Melone, vielleicht eine Kühlbox. Und man kann auch sehen, dass es ein warmes Wochenende war.
Ob es am Wochenende geregnet hat, sieht man im Volkspark Friedrichshain vor allem am Müll. Dort, wo die Menschen saßen liegen jetzt, in Kreisen wie nach einer Explosion, ihre Überreste. Plastikbecher, Pappteller, Einweggrills. Pfeffi-Flaschen, Würstchenverpackungen, Zigarettenstummel. Doch auch, wo die Grills weggeräumt wurden, sind die Reste noch zu sehen. Die Wiese am Rand des ehemaligen Schwimmbeckens ist überzogen mit schwarzen Tupfen: Brandflecken, genormt, 30 auf 24 Zentimeter verbrannte Erde. Überreste von Einweggrills auf dem ausgetrockneten Gras.
Der Volkspark Friedrichshain ist nur einer von vielen Brennpunkten in Sachen Müll. Jedes Jahr zieht es die Berliner an den Wochenenden bei schönem Wetter in die Parks und an die Seen. Und jedes Jahr bleibt der Müll liegen. Besonders an den Wochenenden, wenn für zwei Tage niemand hinterherräumt, wird es oft kritisch. Dann quellen die Mülleimer über und die Liegewiesen sind garniert mit allem, was so anfällt an einem gemütlichen Sommertag. Ein sich wiederholendes Ritual, jedes Jahr im Sommer.
Wenn es regnet, ist es etwas besser
Es sei denn, es regnet. Dann ist es etwas besser. Einer, der kein Problem mit der Wegwerfkultur hat, ist Kennedy. In seinem ausgeleierten Pulli steht er am Sonntagabend auf der Liegewiese am östlichen Ende des Volksparks Friedrichshain und wartet darauf, dass jemand etwas liegen lässt – Pfandflaschen sind sein Geschäft. In seinen Händen hat er zwei Plastiktüten, da kommen die Flaschen rein, und weil es so viele sind, hat er einen Einkaufswagen dabei. Mit einem Fahrradschloss hat er den an einen Baum gekettet, damit ihm keiner die Flaschen klaut. Er ist froh, wenn viele Leute im Park sind, besonders die Wochenenden mag er. Bis zu 200 Flaschen findet er dann manchmal, rund 20 Euro spuckt dann der Pfandautomat im Rewe neben dem Volkspark aus. Der Rest bleibt liegen bis zum nächsten Morgen.
60 Arbeitsstunden reichen nicht, um den Park zu säubern
Oben, am Rand des Kraters sitzt am Montagmorgen Erich Liebhaber. Roter FC-Bayern-Kapuzenpulli, rotes Stirnband, Jogginghose. Liebhaber ist einer von zehn Menschen, die nach durchfeierten Wochenenden den Park wieder aufräumen, sechs Stunden am Tag, an fünf Tagen in der Woche im Rahmen einer Maßnahme für Langzeitarbeitslose. Gerade ist sein Greifarm, mit dem er Flaschendeckel, Pappbecher und Plastikbesteck aufhebt, kaputt gegangen, Zigarettenpause also, und Zeit für ein kurzes Gespräch. „Am Montag und Dienstag ist es am schlimmsten“, sagt Liebhaber. An einem Tag, 60 Arbeitsstunden insgesamt, ist der Müll vom Wochenende nicht zu bewältigen. Und dabei arbeiten er und seine Kollegen nicht allein. Die Müllsammler dürfen im Rahmen ihrer Arbeit nur „zusätzliche Arbeit“ leisten, sagt Uschi Buchal, die für den Bildungsträger „Chance Beruf, Jugend, Sport“ die Arbeitsmaßnahme im Volkspark plant.
Sie bereiten den Müll zur Abholung vor, packen ihn in Säcke und stellen ihn neben die großen Müllkäfige, die überall neben den Wegen stehen. Dort wird er von der Reinigungsfirma abgeholt, zwei Männer fahren auf einem kleinen Bagger durch den Park, laden die Käfige auf und leeren sie in einen großen Container, der neben dem Gelände steht. Dann ist es wieder einigermaßen sauber. Bis zum nächsten Wochenende.