Ernst-Reuter-Sekundarschule in Berlin: Schulleiter sieht seine Schule falsch dargestellt
Nach dem Ärger an der Reuter-Schule in Gesundbrunnen wehren sich nun das Personal und die Schüler in Stellungnahmen.
Die Ernst-Reuter-Schule hat sich gegen eine "Stigmatisierung" als gewaltbelasteter Lernort und für "lösungsorientierte Ansätze" ausgesprochen. In drei Stellungnahmen reagierten Lehrer und Schüler sowie der kommissarische Schulleiter Andreas Huth auf mehrere Berichte im Tagesspiegel, die sich mit der Lage der Schule befasst hatten. Dabei war es insbesondere um die zahlreichen Polizeieinsätze, um die Versäumnisse der früheren Schulleitung, den baulichen Zustand und einen extrem negativen Bericht der Schulinspekteure gegangen. Die Schule bestreitet diese Probleme nicht, möchte aber stärker gewürdigt wissen, dass es unter ihrem neuen Schulleiter Andreas Huth aufwärts gehe.
Hinweise der Lehrer hatten zu Berichterstattung geführt
"Die Schule erlebt einen konstruktiven Aufwind", heißt es in dem Brief des Kollegiums, der bisher von rund 70 der 130 Lehrer unterschrieben wurde, wie Huth auf Anfrage mitteilte. Wie berichtet, hatten sich einige Lehrer dem Tagesspiegel gegenüber sehr alarmiert geäußert: Ihre Hinweise auf aktuelle Gewaltvorkommnisse und chaotische Abläufe waren überhaupt erst Auslöser der Berichterstattung gewesen. Die Verfasser der aktuellen Stellungnahme betonen aber, dass die "Stigmatisierung ... dem eigentlichen Identifikationsgefühl vieler Kollegen der Schule nicht gerecht" werde.
Huths Ton ist schärfer. Er spricht von "Falschaussagen" in der Berichterstattung und bezieht sich insbesondere auf die Aussage, dass "rund eine Million Euro an Sondermitteln versickerten". Dies ist allerdings keine "Falschaussage", da die Schule wegen ihrer Brennpunktlage eine zweistellige Zahl an Lehrern zusätzlich hat, von denen jeder rund 60.000 Euro pro Jahr kostet. Zusätzlich erhält die Schule pro Jahr 62.500 Euro aus dem Brennpunktprogramm sowie weitere Geldmittel und personelle Unterstützung aus dem School-Turnaround-Programm der Robert-Bosch-Stiftung. Die Bosch-Stiftung engagiert sich seit 2013 an zehn Berliner Schulen, darunter die Reuter-Schule, die sich in besonders schwieriger Lage befinden. Dass es trotz dieser intensiven Betreuung nicht früher gelang, die Reuter-Schule nach vorn zu bringen, wird der Bildungsverwaltung vorgeworfen, die zu lange an der letzten Schulleiterin festgehalten habe, wie es heißt.
In den letzten Monaten besserte sich das Klima an der Schule
Inzwischen gibt es zwar erste Fortschritte, aber Huth findest sie nicht genügend gewürdigt. Allerdings ist das auch der Schule selbst zuzuschreiben: Eltern, die sich über das Schulleben informieren wollen, landen noch immer auf einer Homepage, deren Chronik im November 2013 endet. Sie sind somit auf die Informationen angewiesen, die ihnen die Bildungsverwaltung im "Schulportät" bietet: Dort findet sich der verheerende Inspektionsbericht, der die Lage vor Huths Amtsübernahme zeigt. Dass sich seither manches verbessert hat, auch die Abschlussbilanz der Schüler, erfahren die Eltern nirgends. Huth begründet die veraltete Homepage damit, dass die Kollegen angesichts ihrer vielen Aufgaben dazu zunächst keine Zeit gefunden hätten. Inzwischen sei der neue Internetauftritt aber fast fertig.
Nach wie vor gibt es Gewalt
Beim Brief der "Schülerschaft" bleibt offen, ob ihn Schülervertreter verfasst haben. Dort heißt es, sie würden "gern zur Schule gehen" und könnten auch "nicht bestätigen", dass Lehrer Angst hätten, zu unterrichten: "Unser Eindruck ist eher, dass sich die Lehrer im Allgemeinen recht wohl fühlen". Weiter steht in der Stellungnahme, dass sich die Schule seit Jahren erfolglos über die bauliche Situation und die "stinkenden Toiletten" beschwere.
Auffällig ist, dass Lehrer und Schüler viel Hoffnung in den neuen Schulleiter setzen: Er arbeitet als Lehrer und Verantwortlicher für ein Unesco-Projekt seit vielen Jahren an der Schule und ist mit der Schule verwachsen, zumal vor langer Zeit auch sein eigener Vater dort Schulleiter war. Allerdings weiß Huth auch, dass er noch einen weiten Weg vor sich hat. Nach wie vor gibt es weit mehr Gewalt als im Berliner Schnitt und selbst Achtklässler berichten unverblümt über bedrückende Vorfälle. Sogar die letzte Abiturfeier ging nicht ohne Zwischenfall ab: Einer der Abiturienten trat auf die Bühne, um seinen "Hass" auf die Lehrer in das Mikrofon zu rufen – unter Applaus.
Hier finden Sie die Briefe des Schulleiters, des Kollegiums und der Schülerschaft zum Herunterladen.
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