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Ausgezeichnet: Die Schüler Daniela Walter und Julian Gerull mit ihren Lehrern Klaus Trappmann und Hermann Werle (v.l.n.r.) in der Schule für Erwachsenenbildung im Mehringhof.
© Susanne Vieth-Entus
Update

Deutscher Schulpreis 2016: Schulen in Berlin und Potsdam ausgezeichnet

Fünf deutsche Schulen wurden am Mittwoch mit den renommierten Deutschen Schulpreisen geehrt - darunter auch eine in Berlin und eine in Potsdam.

Sie gilt als Berlins außergewöhnlichster Lernort und jetzt auch als einer besten im bundesweiten Vergleich: Die Schule für Erwachsenenbildung (SFE) wurde am Donnerstag mit dem Deutschen Schulpreis für ihre Arbeit ausgezeichnet. An der Kreuzberger Einrichtung können junge Erwachsene den Mittleren Schulabschluss oder das Abitur nachholen - ein Porträt der Schule lesen Sie unter diesem Link. Die Schule erhielt einen Preis, der mit 25.000 Euro dotiert ist. Ein weiterer Preis in gleicher Höhe ging nach Potsdam an das dortige Humboldt-Gymnasium. Die ebenfalls als Favorit gehandelte Anna-Essinger-Schule aus Steglitz-Zehlendorf ging hingegen leer aus.

Den mit 100.000 Euro dotierten Hauptpreis bekam in diesem Jahr eine Grundschule auf dem Süsteresch in Schüttorf (Niedersachsen). Zwei weitere Nebenpreise in Höhe von 25.000 Euro gingen an die Freiherr-vom-Stein-Schule Gemeinschaftsschule der Stadt Neumünster und die Schule St. Nicolai mit dem Standort Am Nordkamp auf Sylt.

Der anlässlich des 10. Jubiläums des Deutschen Schulpreises erstmals ausgeschriebene und ebenfalls mit 25.000 Euro dotierte Sonderpreis für Deutsche Auslandsschulen geht an die Deutsche Internationale Schule Johannesburg in Südafrika. Die Auszeichnung wurde nach Angaben der Veranstalter am Donnerstag von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in Berlin verliehen.

Wieso die SFE in Berlin gewonnen hat

„An der SFE werden nicht nur die Rahmenpläne berücksichtigt, sondern auch die Interessen der Lernenden“, heißt es in der Laudatio der Jury. Dass man hier alles selber machen müsse, realisierr man sofort, wenn man die Schule für Erwachsenenbildung e. V. (SFE) im Mehringhof in Berlin-Kreuzberg betrete: Der Weg zum Mittleren Schulabschluss bzw. zum Abitur erfolge an dieser alternativen Schule des zweiten Bildungsweges selbstverwaltet, selbstbestimmt, ohne Notengebung - „und das bereits seit 43 Jahren mit großem Erfolg“. Wo so unterschiedliche Menschen ihre aus unterschiedlichsten Gründen unterbrochenen Bildungsbiographien wieder aufnähmen, bedürfe es wechselseitiger Anerkennung und Wertschätzung. Diskriminierung jeglicher Art habe hier keinen Platz. „Daher erstaunt es zwar nicht, aber es beeindruckt dennoch, wie unprätentiös und selbstverständlich hier Inklusion mit Leben gefüllt wird, wie vielfältige Arbeitsbündnisse zum Zwecke des Lernens auf Augenhöhe bestehen und ausnahmslos alle die Schule betreffenden Fragen in der Vollversammlung geklärt werden.“ Wenn man als Schüler Arbeitsschwerpunkte und Lehrmaterialien selbst bestimmen und auswählen und auf die Gestaltung des Unterrichts und den eigenen Lernweg Einfluss nehmen könne, sei man gefordert, mitzugestalten anstatt zu konsumieren, Selbstverantwortung und Initiative seien gefragt. Unterricht, Lernberatung, kleine selbstorganisierte Lernzirkel und Tutorien gingen hier fließend ineinander über und seien zudem mit einem vielfältigen Engagement in gesellschaftlichen und bildungspolitischen Fragen verbunden. „Um sich den Anforderungen des Bildungssystems erneut zu stellen, bedarf es über Wissen und Können hinaus eines starken Vertrauens in sich selbst. Dieses zu stärken, gelingt der SFE und macht sie zu einem Ort, an dem man Biographien wenden kann.“

Was das Potsdamer Humboldt-Gymnasium auszeichnet

Das Potsdamer Humboldt-Gymnasium hingegen überzeuge sowohl durch seine ausdifferenzierte Begabungsförderung als auch durch sein herausragendes Ganztagsangebot und Schulleben, lobt die Jury. „Keinem Besucher dürfte entgehen, dass diese Schule vor allem auch von ihren Schülerinnen und Schülern getragen und in beeindruckender Weise mit Energie erfüllt wird.“ Unterschiedlichste "Aktivteams" bereicherten den Schulalltag: sei es durch wirksame karitative Initiativen, durch die Erarbeitung von Vorschlägen zur weiteren Steigerung der Unterrichtsqualität, durch politische Denkanstöße oder auch durch Impulse zur Verbesserung der Zusammenarbeit schulischer Gremien. Die Selbstwirksamkeit, welche im Zuge dieses Engagements für die Schulgemeinschaft erfahren werde, stärke nicht nur das Selbstvertrauen aller Akteure, sondern ermutige andere Schülerinnen und Schüler, sich ebenfalls kreativ einzubringen. „Und die Wertschätzung jedes auch noch so kleinen Beitrages führt schließlich dazu, dass tatsächlich nicht nur Stärken gestärkt, sondern auch Schwächen geschwächt werden.“ Das Humboldt-Gymnasium Potsdam sei somit weniger ein Ort der Wissensvermittlung als „vielmehr ein Lebensraum, in dem sich Heranwachsende intellektuell, sozial und praktisch-gestaltend entfalten und ihre individuellen Möglichkeiten angstfrei ausschöpfen können“.

Außenminister Steinmeier ging in seiner Ansprache auch auf die aktuellen Herausforderungen durch den Zuzug vieler Flüchtlinge für das Schulsystem ein. „Schule ist der Ort, an dem Wissen vermittelt und Talente entdeckt und entwickelt werden“, sagte er nach Angaben der Veranstalter. „Wir wollen alle Schülerinnen und Schülern unabhängig von Herkunft und Geschlecht mit dem Rüstzeug versehen, das Beste aus diesen Talenten zu machen. Das gilt besonders im Jahr 2016, nachdem viele Menschen in Deutschland Schutz gesucht und gefunden haben.“ Schule sei dabei immer auch ein Spiegel unserer Gesellschaft. „Wo Mitbestimmung erlebbar und erfahrbar ist, gilt auch Willy Brandts Wort von der „Schule der Nation“. Der Deutsche Schulpreis trägt mit dazu bei, dass mündige Bürgerinnern und Bürger unsere Welt von morgen mitgestalten.“

Was die Siegerschule in Niedersachsen auszeichnet

Die mit dem Hauptpreis ausgezeichnete Grundschule auf dem Süsteresch "hat sich durch die Verwirklichung hoher Entwicklungsziele zu einem Kleinod niedersächsischer Schulen entwickelt", lobt die Jury. "Ihre ungewöhnlich ästhetische und informative Gestaltung und das spürbare Interesse der ganzen Schulgemeinde unterstützen ihr Engagement und die Freude am Lernen." In beispielhafter Weise habe sich die Schulleitung, gemeinsam mit dem Schülerparlament, den Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern, dem Arbeitskreis "Grundschule im Wandel", dem nahezu alle Lehrerinnen, Lehrer und pädagogisch Mitarbeitenden angehören, auf den Weg gemacht, "das Lernen zu verändern und an neuen Unterrichtkonzeptionen und Unterstützungsinstrumenten zu arbeiten." Die Ergebnisse zeigten intensiv genutzte Lernzeiten, problemorientierte Aufgabenstellungen, große Zufriedenheit und Identifikation aller am Schulgeschehen Beteiligten und ein positives Lernklima durch individuelle Förderung. Erreicht werde dies durch eine sinnvoll konzipierte Rhythmisierung und viele in die Tages- und Wochenabläufe integrierte pädagogische und didaktische Besonderheiten. Das wechselhafte Zusammenspiel von offenen Lernformen, von Lernzeit und Freizeit, Plenumsunterricht und Projektarbeit überzeuge alle Eltern. Sie erlebten Kinder, die mit Begeisterung in die Schule gehen, sich vielseitige Kompetenzen aneignen und ihre eigene Persönlichkeit entwickeln. Lerntagebücher und Lernlandkarten dokumentierten den Lernstand der Schülerinnen und Schüler kontinuierlich und würden in Einzel- und Elterngesprächen rückgemeldet. Gespräche zur Würdigung der Lern- und Leistungsentwicklung und eine beteiligende Leistungsbeurteilung seien hier selbstverständlich. In wöchentlichen Rückmeldungen aus den Klassen, dem Besprechen von Fallbeispielen und der gemeinsamen Erarbeitung von Aufgabenbeispielen und Lernmaterialien erführen die jahrgangsübergreifenden multiprofessionellen Teams eine Spiegelung ihres fortwährenden Lernprozesses, dem sie sich engagiert stellten. Diese Schule zeige durch vorbildhafte Anregungen für ein interessengeleitetes, selbstverantwortliches Lernen, durch vielseitige Angebote in "Lernateliers" und mit einer intensiven Lernbegleitung und Beratungskultur bemerkenswerte Leistungsergebnisse und eine beeindruckende Schulatmosphäre.

Heute beginnt die Ausschreibung für den Deutschen Schulpreis 2017

An der Hauptpreisträgerschule, der Grundschule auf dem Süsteresch im niedersächsischen Schüttdorf, erleben 250 Schülerinnen und Schüler nach Angaben der Preis-Jury „täglich, was Mitbestimmung im Schulalltag bedeutet“. Auf unterschiedlichen Ebenen übernähmen sie Verantwortung für sich und andere: Von Klassendiensten über den Klassenrat, bei dem wöchentlich Probleme besprochen werden und der abwechselnd von einem Kind der Klasse geleitet wird, bis hin zur so genannten Selbstlernzeit. Regelmäßig setzten sich die Lehrer mit den Kindern zusammen und berieten mit ihnen die nächsten Lernschritte. „Mit Erfolg: Bei den VERA-Ergebnissen liegt die Grundschule in Deutsch weit über dem Durchschnitt.“

„Hier haben sich die Lehrer gemeinsam mit dem Schülerparlament, den Kindern und ihren Eltern auf den Weg gemacht, um das Lernen zu verändern“, erklärte Erziehungswissenschaftler Professor Michael Schratz von der Universität Innsbruck, Sprecher der Jury des Deutschen Schulpreises. Wichtiger Teil des Erfolgsrezepts sei der Arbeitskreis „Grundschule im Wandel“, dem nahezu alle Lehrerinnen, Lehrer und pädagogische Mitarbeiter angehören. Fast das gesamte Unterrichtsmaterial hat das Team selbst entwickelt, im Forscherlabor stehen 80 Forscherkisten für die Schülerinnen und Schüler. Besonders beeindruckt habe die Jury das Zusammenspiel von offenen Lernformen, von Lernzeit und Freizeit, Plenumsunterricht und Projektarbeit. „Andere Schulen können von der Grundschule auf dem Süsteresch lernen, wie eine intensive Lernbegleitung und Beratungskultur bemerkenswerte Leistungsergebnisse und eine beeindruckende Schulatmosphäre schaffen“, lobt Schratz.

Die Robert Bosch Stiftung vergibt den Deutschen Schulpreis seit dem Jahr 2006 gemeinsam mit der Heidehof Stiftung. Seit dem Start des Programms haben sich den Angaben zufolge mehr als 1.700 Schulen für den Preis beworben. Bei der Entscheidung über die Preisträger bewertet die Jury sechs Qualitätsbereiche: Leistung, Umgang mit Vielfalt, Unterrichtsqualität, Verantwortung, Schulleben und Schule als lernende Institution. Diese Kriterien sind inzwischen als Kennzeichen für gute Schulqualität allgemein anerkannt.

Die Ausschreibung für den Deutschen Schulpreis 2017 beginnt heute. Ab dem kommenden Wettbewerbsjahr können Schulen erstmals individuelle Schwerpunkte in der Bewerbung setzen und ihre Arbeit anhand einer zentralen Herausforderungen vorstellen. Grundlage des Wettbewerbs bilden weiterhin die sechs Qualitätsbereiche des Deutschen Schulpreises. Zur Bewerbung eingeladen sind alle allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in Deutschland sowie alle Deutschen Auslandsschulen. Alle weiteren Informationen online unter www.deutscher-schulpreis.de.

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