Auslandsstudium: Wo bitte geht’s zur Uni?
Ein Auslandsstudium bringt viele Vorteile – und neue Abenteuer. Den Schritt sollte man allerdings gut planen.
Christin Heldermann hatte ihren Studienplatz schon viele Monate vor dem Abitur. Im Dezember schickte ihr die Fachhochschule im niederländischen Emmen die Zusage für den Bachelor International Management and Languages – im Mai bestand sie die letzte Prüfung. „Der Studiengang war genau das, was ich wollte“, sagt sie. Während ihre Mitschüler noch bangten, ob es hierzulande mit einem Studienplatz klappt, plante sie bereits den Umzug in die Kleinstadt südlich von Groningen.
Viele deutsche Hochschulen rechnen im Wintersemester 2013/2014 erneut mit einem Studentenansturm. In beliebten Fächern wie Medizin oder Psychologie bekommt man ohne Spitzen-Abi keinen Platz. Ist es also eine gute Idee, den Bachelor komplett im Ausland zu machen? Allein von 2010 bis 2011 haben das immerhin rund 11 100 Deutsche getan – Tendenz steigend. Die beliebtesten Länder sind dabei laut Statistischem Bundesamt die Niederlande, Österreich, Großbritannien und die Schweiz.
Die niederländische Uni von Christin Heldermann war auf deutsche Bewerber gut vorbereitet; im Studentensekretariat gab es eine extra Abteilung für sie. Die Laufbahnberaterin Julia Funke warnt trotzdem davor, den organisatorischen Aufwand zu unterschätzen. Seit vielen Jahren berät sie Abiturienten zu Studienwahl und Karriereplanung. Mit einem Studium komplett im Ausland hat sie durchwachsene Erfahrungen gemacht.
Es gebe zwar vereinzelt Unis – etwa in Grenznähe –, die Deutschen eine Bewerbung recht problemlos ermöglichten. In der Regel sei der bürokratische Aufwand aber hoch. Zeugnisse müssen übersetzt, Motivationsschreiben verfasst werden. Das gelte vor allem für Länder außerhalb der EU. Mindestens ein Jahr Planung sei in der Regel nötig. Außerdem sei ein Auslandsstudium nicht in jedem Fach zu empfehlen. In Jura, den Lehramtsfächern, Medizin oder Pharmazie sollten Abiturienten sich den Schritt gut überlegen – zumindest, wenn sie später wieder in Deutschland arbeiten wollen. Oft sei dafür ein deutsches Staatsexamen Pflicht. Weniger Probleme dürften Natur- oder Wirtschaftswissenschaftler haben.
In den USA, England und Australien sind die Studiengebühren hoch
Auch die Frage nach dem späteren Wunsch-Arbeitgeber sollten Bewerber sich stellen. Wer in einer internationalen Organisation oder einem global agierenden Unternehmen arbeiten will, kann vom Studium komplett im Ausland profitieren. Bei deutschen Mittelständlern hätten es Jugendliche dagegen oft schwer. „Viele Unternehmer können den ausländischen Abschluss nicht einschätzen und fragen sich: Hat der, was er braucht?“, sagt Funke.
Christin Heldermann hatte mit ihrem niederländischen Abschluss bei der Jobsuche keine Probleme. Allerdings arbeitet sie heute auch in einem internationalen Unternehmen in Hamburg. „Mein Auslandsstudium war da eher ein Pluspunkt“, erklärt sie. Gerade in den USA, England und Australien müssen Studenten allerdings mit hohen Studiengebühren rechnen.
Eine Möglichkeit ist, sich in den Ländern selbst um ein Stipendium zu bewerben, rät Funke. Das sei häufig möglich, erfordere aber eine lange Vorbereitung. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), der sonst viele Auslandsstipendien vergibt, fördert ein komplettes Studium im Ausland grundsätzlich nicht, erklärt der zuständige Referatsleiter Claudius Habbich.
Allerdings können Studenten, die den Bachelor komplett im Ausland machen, Bafög beantragen. „Bafög ist in alle EU-Länder und in die Schweiz mitnahmefähig“, sagt Bernhard Börsel vom Deutschen Studentenwerk. Dafür müssten Studenten rund sechs Monate vor Studienbeginn einen Antrag beim Auslandsbafög-Amt stellen. Dazu könnten sie einen einmaligen Zuschuss zu den Studiengebühren in Höhe von 4600 Euro erhalten. (dpa)
Kristin Kruthaup