Umstrittene Studie zu Sex und Gewalt: Umfrage an Berliner Schulen ruft Elternsprecher auf den Plan
Die umstrittene Gewalt-Umfrage an Berliner Schulen wird fortgesetzt. Die Verantwortlichen weisen die Kritik daran zurück.
Die umstrittene Schülerbefragung zur Gewalterfahrung von Neuntklässlern geht in die zweite Runde. Nachdem im Sommer rund 2600 Jugendliche die Fragebogen des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachen (KFN) beantwortet hatten, versuchen die Forscher zurzeit, weitere 1400 bis 2400 Neuntklässler zu erreichen. Diese seien für eine „verlässliche Stichprobe“ notwendig. Die vehemente Kritik des Landeselternausschusses bereitet den Forschern allerdings Probleme.
„Solche Gegenwehr wie die von Landeselternsprecher Günter Peiritsch haben wir noch nie erlebt“, sagte Projektleiter Dirk Baier am Montag. Das „noch größere Problem“ seien allerdings die Schulen, die die Befragung aus Zeitgründen nicht durchführen lassen wollten.
Wie berichtet, hegt der Landeselternausschuss etliche Bedenken gegen die Befragung des KFN, das vom ehemaligen niedersächsischen Innenminister Christian Pfeiffer geleitet wird. So bezweifelt Peiritsch, dass die Anonymität der Schüler gewahrt wird. Zudem warnt er davor, dass Schüler mit Gewalterfahrungen durch die sehr direkten Fragen „retraumatisiert“ werden könnten. Weitere Kritik richtet sich gegen „suggestive“ und „diskriminierende“ Fragen. Der Senat und die Berliner Landeskommission gegen Gewalt weisen die Bedenken jedoch zurück und verteidigen die Entscheidung, die Befragung mit rund 100 000 Euro zu finanzieren. Es gebe ein großes Interesse, mehr über die Gefährdungen und Gewalterfahrungen der Berliner Jugendlichen zu erfahren.
Einige Eltern und Abgeordnete sind dennoch skeptisch. So taucht immer wieder die Sorge auf, ob Gewaltopfer vor einer Retraumatisierung geschützt werden könnten. Dies gilt etwa für Fragen wie „Wann wurdest du das erste Mal mit Gewalt oder durch Androhung von Gewalt zur Duldung von sexuellen Handlungen gezwungen?“
Auf die Anfrage des grünen Abgeordneten Özcan Mutlu, an wen sich Schüler wenden könnten, die durch solche Frage retraumatisiert werden, verweist der Senat auf die Testleiter, die Kontakt zum Vertrauenslehrer herstellen könnten. Der Senat hegt auch keine Bedenken dagegen, dass das KFN an Schwänzer zehn Euro zahlt, damit sie an der Befragung teilnehmen. Intensivtäter etwa würden meist früh durch Schuldistanz auffallen, deshalb mache es Sinn, eine „Aufwandsentschädigung“ zu zahlen, um diese Gruppe zu erfassen, heißt es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Steffen Zillich (Linke).
Datenschutzrechtlich steht der Befragung allerdings nichts im Wege: Der Berliner Datenschutzbeauftragte sehe keinen Grund, Eltern davon abzuraten, ihre Kinder teilnehmen zu lassen, teilte sein Büro am Montag mit. Susanne Vieth-Entus
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