zum Hauptinhalt
Reinigungsdienste an Berliner Schulen stehen in der Kritik.
© dpa

Schulreinigung: "Überall liegt Staub und Schmutz"

In Friedrichshain-Kreuzberg haben 14 Schulen einen neuen Putzdienst. An anderen Standorten sind die Probleme geblieben.

Der erste Tag nach den Winterferien begann für Schulleiterin Marion Lange (Name geändert) mit dem Griff nach dem Staubsauger. „Überall liegt Staub und Schmutz. Es herrschen unglaubliche Zustände“, fasst sie den Beginn des zweiten Schulhalbjahres zusammen. Außerdem musste sie wegen des Schmutzes die Turnhalle sperren und den Sportunterricht erstmal streichen. Als nächsten Schritt will Lange die Unfallkasse einschalten, und auch eine Schließung der Schule hält sie für einen denkbaren Schritt an ihrer Sekundarschule in Friedrichshain-Kreuzberg, deren Namen sie lieber nicht in der Zeitung lesen möchte.

Bildungsstadtrat Peter Beckers (SPD) kennt den Fall. „Wir müssen da ran. Wir werden eine Lösung finden“, gibt er sich zuversichtlich. Aber leicht wird es nicht, denn an der Schule laufen aufwändige Bauarbeiten, die den Rahmen der üblichen Verschmutzung sprengen.

Beckers ist auf dem Weg, zum Fachmann für Schulreinigung zu werden. In den vergangenen Monaten gab es unzählige Beschwerden in seinem Bezirk. Im Fokus stand der Gebäudereiniger „Putz-Zeit Berlin GmbH“, der sich nach den Vorwürfen aus den 14 Schulen, die sich besonders beschwert hatten, „im Einvernehmen“ Ende Januar zurückzog. Seit den Ferien sind bereits neue Firmen vor Ort.

Und sieht es jetzt besser aus? „Was ich bisher gesehen habe, war in Ordnung“, berichtete am Montag Uta Johst-Schrader über den Neubeginn mit der Firma G&S. Die Leiterin der Grundschule am Friedrichshain hatte den Protest angeführt und schließlich das Gesundheitsamt gerufen, weil insbesondere die Toiletten so schmutzig waren. Jetzt fehlt nur noch die zugesagte Sonderreinigung, mit der weiterer Dreck aus den vergangenen Monaten beseitigt werden sollte. „An den Wänden hängt noch der Staub“, sagt Johst-Schrader. Aber sie sei „guter Dinge“, dass das Schlimmste überstanden sei. Auch an der Bürgermeister-Herz-Grundschule herrscht Zuversicht. „Es gibt eine deutliche Veränderung“, sagt Schulleiterin Christiane Wuntke. Allerdings wird ihre Freude dadurch getrübt, dass sie schon seit dem Sommer keinen festen Hausmeister hat.

Die Fortschritte an den 14 Schulen rühren auch daher, dass der Bezirk jetzt mehr Geld in die Hand nimmt, nachdem klar wurde, dass bestimmte Schulstandorte aufgrund ihrer baulichen Besonderheiten unter den ursprünglichen Ausschreibungsbedingungen noch schlechter sauber zu halten sind als andere. Es gibt allerdings noch 31 weitere „Putz-Zeit“-Schulen, für die sich nichts ändert. Dazu gehört nicht nur die Schule, die jetzt ihre Turnhalle geschlossen hat und unter dem Baudreck leidet, sondern auch die Carl-von-Ossietzky-Sekundarschule. „Wir haben weiter die alten Probleme“, beschreibt Direktorin Anett Burow den ersten Schultag. Auch bei ihr ist die Turnhalle ein Ärgernis, was aber weniger mit dem Reinigungsunternehmen als mit den Vereinen zu tun habe, die die Turnhalle am Wochenende „exzessiv nutzen“. Sie spricht von „Müllbergen und zerstörten Tribünen“. Inzwischen gab es allerdings ein Gespräch zwischen Stadtrat Beckers und den Vereinen. Man hoffe auf Besserung, sagt Beckers.

An einem anderen Punkt hat Beckers für die Schulkritik kein Verständnis: Burow beklagt, dass die Hauseingänge zu selten gesäubert würden. Der Stadtrat hält dem entgegen, dass laut Ausschreibung die tägliche Reinigung vorgeschrieben sei. Es sei Sache der Schule, dies durchzusetzen. Beckers hofft, dass er die Probleme mit der Schulreinigung bald generell besser lösen kann: Er ist Mitglied einer Arbeitsgruppe des Senats, die eine Musterausschreibung erarbeiten soll.

Im Kern geht es um die Frage, wie Berlins Schulen sauberer werden können, ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen. Einige Bezirke haben ihre Ausschreibungen so modifiziert, dass nicht automatisch der billigste Anbieter gewinnt. Auch diese Erfahrungen sollen jetzt analysiert werden. Klar ist, dass es in vielen Bezirken immer wiederkehrende Klagen über die Hygiene gibt. Kein Bezirk gibt genug Geld aus, um die Vorschläge aus dem Musterhygieneplan der Bildungsverwaltung erfüllen zu können.

Im Gegenteil. Bisher locken die Ausschreibungsmodalitäten vor allem die Billiganbieter unter den Gebäudereinigern, die ihre günstigen Angebote auf Kosten der Mitarbeiter erstellen. Sie müssen zwar Mindestlöhne von rund 9,31 Euro zahlen, versuchen aber ansonsten, die Personalausgaben zu drücken. Dazu gehört, dass sie gern am Urlaubsgeld sparen. Beliebt ist auch die Methode, unternehmerische Risiken auf die Mitarbeiter abzuwälzen: Wenn es nicht genügend Aufträge gibt, bekommen die Mitarbeiter nur die geleisteten Stunden bezahlt, wissen also nie, was sie am Monatsende auf dem Konto haben. Branchensekretär Daniel Kopp von der Industriegewerkschaft Bau kritisiert derartige Methoden und bedauert, dass sich die öffentliche Hand auf solche Vertragspartner einlässt.

Allerdings ist auch Billiganbietern nicht alles erlaubt. So ist es unzulässig, bei Vertragsabschluss nach einer Schwangerschaft zu fragen oder für das Ausplaudern von Firmeninterna mit Strafen von 25 000 Euro zu drohen, wie es eine der vielen „Putzzeit“-Firmen getan hatte. Auch nicht erlaubt ist das Unterwandern des gesetzlichen Urlaubsanspruchs.

Um derartigen Verstößen auf die Spur zu kommen, ermuntert der Senat die Bezirke und andere öffentliche Einrichtungen, sich stichprobenhaft Verträge vorlegen zu lassen. Zudem hat das Abgeordnetenhaus den Senat beauftragt, eine Kontrollgruppe zu installieren, die auf die Einhaltung der Ausschreibungsvorgaben achten soll. Allerdings hat der Senat in seinem Bestreben zu sparen, beschlossen, dass diese Kontrollgruppe nur aus drei Mitarbeitern besteht – berlinweit.

Für die Schulen spielt diese Kontrollgruppe ohnehin keine Rolle. „Die Schulen müssen selbst darauf achten, dass die Reinigungsfirmen alle vertraglichen Aufgaben erfüllen“, steht für Beckers fest. Allerdings wissen manche Schulleiter gar nicht, was in den Verträgen steht und verlassen sich auf ihre Hausmeister. „Dann sind sie mitverantwortlich für den Dreck“, sagt ein Kollege ungerührt, der seit Jahren höchstpersönlich die Kontrollgänge vornimmt.

Zur Startseite