Leiter der Nelson-Mandela-Schule: Reif für die Insel
Michael Hertz hat die internationale Nelson-Mandela-Schule in Wilmersdorf aufgebaut. Die Schule gilt als eine Art "Vereinte Nationen im Kleinen" mit ihren 1000 Schülern aus 60 Ländern. Jetzt geht der Schulleiter in den Ruhestand.
Der Mann in Blau sieht glücklich aus. Er steht auf einem Felsen, strahlend blaues Meer im Hintergrund. „Bye, bye Nelson Mandela School“, steht unter dem auf weißen Karton gedruckten Urlaubsfoto. Und: „I am off to the Scillys.“ Es ist die Einladungskarte für die heutige Abschiedsfeier von Michael Hertz, der die internationale Nelson-Mandela-Schule aufbaute. Vor zwölf Jahren wurde sie auf Initiative des Senats gegründet. Jede Klasse hat zwei Klassenlehrer – einen deutsch- und einen englischsprachigen. Von der 1. Klasse bis zum Abitur wird in beiden Sprachen unterrichtet. Die Schule sei eine Art „Vereinte Nationen im Kleinen“, heißt es im Schulprofil. „In London, Paris oder New York gibt es keine vergleichbare staatliche Schule“, sagt Hertz, 63, dessen Mutter aus England stammte. Seit heute ist er im Ruhestand und fast schon auf dem Weg auf die britische Scilly-Inselgruppe in der Nähe von Cornwall, wo er sich eine Weile erholen will.
Der fröhliche Mann auf dem Foto wirkt ganz anders als sein ernsteres Alter Ego in Grau- Schwarz und natura, das man bislang an seinem Arbeitsplatz in einem geräumigen Büro in der Schule treffen konnte. Hertz verlässt es, obwohl er eigentlich gerade erst angekommen ist: Nach vielen Umzügen sind alle Klassenstufen seit Beginn des Schuljahres in zwei nebeneinander liegenden teils neu gebauten, teils sanierten Gebäuden an der Pfalzburger Straße in Wilmersdorf untergebracht. Zuvor waren die Schüler auf mehrere, oft wechselnde Standorte aufgeteilt – in Gebäuden anderer Schulen oder Containern.
„Es war eine lange Odyssee hierher“, sagt Hertz. Die „Gebäudeproblematik“ zu lösen – das war eine seiner großen Aufgaben. Eigentlich wollte er schon gehen, als das tatsächlich endlich geschafft war vor einem halben Jahr. Doch es fand sich kein Nachfolger, um „den Tanker, das Riesenschiff durch die stürmische See zusteuern“, wie Hertz seine Aufgabe beschreibt. Jetzt überlässt er das Schiff doch erst mal seinen Stellvertreterinnen.
Der Tanker war mal ein Schiffchen: „Mit 28 Schülern und vier Lehrern haben wir angefangen – als kleinste Schule der Stadt.“ Heute gibt es rund 1000 Schüler aus etwa 60 verschiedenen Ländern und 50 Lehrer. Englisch und Sport hat Hertz früher mal unterrichtet. Aber dazu hatte er schon seit langem keine Zeit mehr. Zu den normalen Aufgaben eines Schulleiters musste er Aufenthaltsgenehmigungen für englischsprachige Lehrer organisieren, etwa aus Ghana, Indien, Korea oder Südafrika – und den ständigen Wechsel der internationalen Schüler, viele von ihnen aus Diplomatenfamilien, die oft umziehen. Eine ständige Auseinandersetzung mit Eltern, die ihre Kinder unbedingt auf der begehrten Schule unterbringen wollen: „Viele klagen sich ein.“
Das liegt wohl auch an seinem Konzept: Die Schule solle für die Kinder Konstante und Lebensmittelpunkt sein. „Eine Schülerin aus Korea, die in mehreren Ländern aufgewachsen ist, hat mir mal gesagt, dass hier ihr eigentliches Zuhause ist.“ Darüber hat er sich sehr gefreut. Schließlich wollte er eine Schule schaffen, die „Schüler so nimmt, wie sie sind“. Mit „größtmöglicher Toleranz“. Auch wenn das nicht immer einfach war. „Das bedeutete oft Chaos – aber im positiven Sinn. Wenn ich mich immer an alle Regeln gehalten hätte, wäre die Schule nie entstanden“, sagt Hertz. Biologielehrerin Cordelia Premkumar, aus Indien stammend und für das internationale Abitur zuständig, kann sich die Schule kaum ohne ihn vorstellen: „Sie ist sein Baby.“ Daniela Martens