Lehrer in Berlin: Personalrat fordert Ausgleich für Teilzeitkräfte
Wieviel müssen Lehrer, die Teilzeit arbeiten, außer ihrer Unterrichtsverpflichtung arbeiten? Der Gesamtpersonalrat wirft dem Senat vor, sich vor einer Regelung zu drücken.
Lehrer, die in Teilzeit arbeiten, hatten bisher öfter Pech. Denn schließlich müssen sie nicht nur Unterricht halten und vorbereiten, sondern auch Konferenzen, Elterngespräche oder Klassenfahrten absolvieren. Ein Elterngespräch oder eine Klassenfahrt kann man aber nicht zeitreduziert erledigen. Auch wenn sie also ihre Stundenzahl minderten, verringerte sich die übrige Arbeitszeit für die Lehrkräfte nicht entsprechend.
Ungerecht? Ja, entschied das Bundesverwaltungsgericht im Juli 2015 (BVerwG 2 C 16.14). Geklagt hatte eine Oberstudienrätin aus Niedersachsen, die in Teilzeit arbeitete und deshalb auch weniger in ihren Funktionsaufgaben arbeiten wollte. Das Bundesverwaltungsgericht verwies den Fall ans Oberverwaltungsgericht zurück und stellte mit Verweis auf den Gleichheitssatz des Grundgesetzes fest: "Deshalb dürfen teilzeitbeschäftigte Lehrer in der Summe ihrer Tätigkeiten (Unterricht, Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Teilnahme an Klassen- und Schulkonferenzen, Elterngespräche, Vertretungsstunden etc., aber auch Funktionstätigkeiten) nur entsprechend ihrer Teilzeitquote zur Dienstleistung herangezogen werden."
Der Gesamtpersonalrat der allgemeinbildenden Schulen Berlins wirft der Senatsverwaltung nun vor, dass es noch immer keine Regelung oder Handlungsempfehlung für die Schulen gibt, obwohl die Entscheidung des Gerichts bereits ein Jahr her ist. Gesamtpersonalrat Dieter Haase spricht von einer "Vogel-Strauß-Politik". Offenbar habe es bereits ein vorbereitetes Schreiben gegeben, dass aber kurzfristig von der Senatsverwaltung gestoppt worden sei, möglicherweise weil man so kurz vor der Wahl kein brisantes Thema mehr aufwirbeln wollte.
Die Schulleiter seien aber besonders wegen der anstehenden Präsenztage in den Sommerferien verunsichert. Seit neuestem müssen Lehrer an drei Ferientagen, die normalerweise am Ende der Sommerferien liegen, in der Schule erscheinen. Es finden dann meistens Konferenzen und Vorbereitungen für das kommende Schuljahr statt. "Viele Schulleiter wissen nicht, ob die Teilzeitkräfte auch an allen drei Tagen erscheinen müssen oder nicht", sagt Haase.
Senatsverwaltung will sich mit anderen Bundesländern abstimmen
Bei der Senatsbildungsverwaltung heißt es dagegen, das geplante Schreiben sei keineswegs aus wahlkampftaktischen Gründen gestoppt worden. "Wir haben das Schreiben nicht freigegeben, weil sich uns der Mehrwert gegenüber dem bisherigen Status quo (Schule regelt vor Ort) nicht erschlossen hat und wir einen Abgleich mit den Reaktionen anderer Länder auf das Urteil vornehmen wollen. Meines Erachtens hat kein einziges Bundesland bislang 'Handlungsempfehlungen' in der Angelegenheit auf den Weg gebracht. Daher sehen wir auch keinen besonderen Druck ausgerechnet in Berlin", sagte Pressesprecherin Beate Stoffers.
Das geplante Schreiben habe vorgesehen, die Schulen noch mal über den Leitsatz des Bundesverwaltungsgerichts zu informieren und habe einen Hinweis auf die Eigenverantwortlichkeit der Schulen enthalten.
Auch Haase sieht es so, dass letztendlich die Schulkonferenzen entscheiden können, welchen Ausgleich Teilzeitkräfte bekommen sollen. Denkbar wäre zum Beispiel, sie nicht so häufig für Aufsichten heranzuziehen.
Den Schulleitern fehle es aber an Klarheit darüber, wie weit sie gehen können.
Das versteht offenbar auch die Bildungsverwaltung: "Wir haben durchaus Interesse, die Frage der Teilzeit im Lichte des BVerwG-Urteils möglichst so zu beraten, dass die Schulen und Kollegien maximale Handlungssicherheit haben. Dies erschien uns aber in Form eines reinen Informationsschreibens und ohne Rückkoppelung mit den anderen Ländern kurz vor den Ferien nicht spruchreif", teilte Stoffers mit.
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