Interview: Personalplaner Laube: "3000 Bewerbungen für Lehrerstellen"
Der Personalplaner des Bildungssenators, Erhard Laube, zu streikenden Beamten und Nachwuchskräften.
Wissen Sie inzwischen, wie viele Lehrer am Dienstag ihren Unterricht früher beendet haben?
Etwas mehr als 2300.
Können Sie verstehen, dass die älteren Lehrer weniger arbeiten wollen, so wie das bundesweit üblich ist?
Ich halte es für normal, die Arbeitsbedingungen verbessern zu wollen. Gerade unter den älteren Lehrkräften sind viele sehr, sehr engagiert. Viele haben das Gefühl, den stark gewachsenen gesellschaftlichen Anforderungen an den Beruf und dem eigenen Anspruch kaum noch genügen zu können. Ich kenne ein Kollegium, in dem am letzten Dienstag viele gestreikt hat, dieselben Kolleginnen und Kollegen aber in ihrer Schule an diesem Samstag freiwillig gemeinsam mit Eltern und Schülern einen Aktionstag "Frühjahrsputz" durchgeführt haben. Ich persönlich habe eine hohe Wertschätzung für solche Kolleginnen und Kollegen.
Werden die GEW Forderungen also erfüllt?
Die Umsetzung der Forderungen würde sich auf mehrere 100 Millionen Euro im Jahr belaufen. Ist das realistisch? Ich selbst halte beispielsweise eine höhere Unterrichtsstundenentlastung für Konrektoren an Grundschulen wegen des erheblich gestiegenen Verwaltungsaufwandes für dringlicher, ebenso die außerunterrichtliche Betreuung für Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen, mehr Förderstunden für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen oder auch mehr Geld für angestellte Lehrkräfte, die noch immer deutlich weniger verdienen als Beamte im selben Kollegium.
Die EU-Rechtssprechung deutet darauf hin, dass auch Beamte streiken dürfen. Warum belangt die Verwaltung die Lehrer dennoch?
Es gibt tatsächlich Urteile des Europäischen Gerichtshofes, die ein generelles Streikverbot für Beamte verneinen. Gleichwohl ist rechtlich unstrittig, dass das verfassungsrechtliche Verbot, bestätigt durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, höherrangig ist. Ich halte es durchaus für denkbar, dass der Prozess der Harmonisierung des Arbeitsrechtes in Europa fortschreitet und sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ändert. Zurzeit aber ist klar: Beamte dürfen nicht streiken.
Womit haben die verbeamteten Lehrer zu rechnen?
Jede Lehrkraft, die gestreikt hat, kennt die Rechtslage und nimmt, da bin ich mir sicher, Konsequenzen für die bewusst begangene Regelverletzung in Kauf. In jedem Fall wird das Gehalt im entsprechenden Umfang gekürzt. Darüber hinaus ist im Einzelfall zu prüfen, welche disziplinarrechtlichen Schritte geboten sind.
Senator Zöllner hat angeboten, die Arbeitszeitkonten der Lehrer nicht erst vor der Pensionierung, sondern schon früher abzubummeln. Wie muss man sich das vorstellen?
Alle Lehrkräfte sammeln gegenwärtig als Ausgleich für eine vor Jahren beschlossene Verlängerung der Arbeitszeit pro Jahr fünf Tage auf einem so genannten Arbeitszeitkonto an. Gegenwärtig wird geprüft, ob es möglich ist, diese angesammelten freien Tage nicht en bloc am Ende des Berufslebens abzugelten, sondern stattdessen die wöchentliche Unterrichtsstundenzahl zu reduzieren. Das würde bedeuten, dass ältere Lehrkräfte weniger unterrichten müssen. Gegenwärtig wird geprüft, ob dies realisierbar ist.
Die Bildungsverwaltung sucht zum Sommer über 1000 neue Lehrer. Die Bewerbungsfrist ist inzwischen abgelaufen. Haben sich genug geeignete Kräfte gemeldet?
Gegenwärtig liegen über 3000 Bewerbungen vor, auch in Mangelfächern.
Sie haben gezielt auch Beamte aus anderen Bundesländern angesprochen. Hatte das Erfolg?
Schon immer war Berlin für Lehrkräfte aus anderen Bundesländern ein attraktiver Standort. Es ist schwer zu belegen. Aber ich habe den Eindruck, dass die Werbemaßnahmen für Berlin recht erfolgreich waren. Zumindest hat die Maßnahme von Professor Zöllner alleine circa 200 Bewerbungen aus Bayern erbracht.
Die Fragen stellte Susanne Vieth-Entus
Erhard Laube ist seit 2008 Abteilungsleiter in der Bildungsverwaltung. Vorher leitete er die Schöneberger Spreewald-Grundschule. Von 1989 bis 1999 war er der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.