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Cem Özdemir
© dpa

Özdemir-Vorschlag: Kein Renner: Türkisch im Stundenplan

Was Cem Özdemir anregt, hat in Berlin bisher nur teilweise Erfolg gehabt. Einem großen Elan, schon vor 30 Jahren, ist die Ernüchterung gewichen. Das Interesse der Schüler und Politiker an Türkisch-Unterricht ist einfach zu gering.

"Warum soll an deutschen Schulen neben Englisch, Französisch, Spanisch und Russisch nicht auch mehr Türkisch angeboten werden?", hat Grünen-Chef Cem Özdemir am Montag in der "Bild"-Zeitung gefragt. Dabei verwies er auf die Vorteile, "die Zweisprachigkeit in der globalisierten Welt" mit sich bringe. In Berlin allerdings ist in Sachen Türkisch als Schulfach längst Ernüchterung eingekehrt.

Mit großem Elan hatten viele Grund- und Oberschulen in Berlin schon vor 30 Jahren angefangen, Konzepte für die türkischen Schüler zu entwickeln. Obwohl es seitens der wechselnden Schulsenatoren kaum Interesse oder gar Unterstützung gab, entstanden etliche Angebote: 15 Grundschulen stellten türkische Lehrer ein, um die Erstklässler zweisprachig in Deutsch und Türkisch zu alphabetisieren, etliche Oberschulen führten Türkisch als zweite Fremdsprache ein.

Rund 30 Jahre später sieht die Bilanz ernüchternd aus: Obwohl sich der Anteil türkischstämmiger Schüler vervielfacht hat, sind die Türkischangebote geschrumpft: Von den ehemals 15 Grundschulen mit dem Konzept der doppelten Alphabetisierung sind nur fünf übriggeblieben. "Die Politik hat die Projekte jahrelang behindert und weder Fortbildungen noch wissenschaftliche Begleitung angeboten", kritisiert Özcan Mutlu, Bildungspolitiker der Grünen. Daran seien die Schulen gescheitert.

Weniger Nachfrage als erhofft - trotz der vielen türkischen Kinder in der Stadt

Nicht viel besser sieht es bei den weiterführenden Schulen aus. Zu denen, die aufgaben, gehört das Schöneberger Rückert- Gymnasium. Von Eltern war damals zu hören, die Schule habe einer "ungünstigen" Schülermischung entgehen wollen.

Das einzige Gymnasium, das bis heute Türkisch als zweite Fremdsprache anbietet, ist das Kreuzberger Robert-Koch-Gymnasium. Allerdings hat es heute kaum noch deutschstämmige Kinder und kämpft mit vielen Problemen.

Übrig blieben außerdem sechs Gesamtschulen: In Mitte Moses-Mendelssohn- und Willy-Brandt-Schule sowie die 6. Schule, in Kreuzberg die Hector-Peterson-Schule und in Neukölln die Otto-Hahn-Gesamtschule. Probleme gibt es auch bei den beiden Deutsch-Türkischen Europaschulen: Beide haben weniger Nachfrage als erhofft - trotz der vielen türkischen Kinder in der Stadt.

Bei ihnen sei Türkisch noch immer beliebt, berichtet dagegen Dietmar Pagel, Leiter der Hector-Peterson-Schule. Auch deshalb, weil es "eines der wenigen Fächer ist, in denen die Schüler glänzen können". Allerdings sagt Pagel: "Ich würde mir wünschen, dass das Deutsche eine größere Rolle spielen würde an unserer Schule". "Denn die Schüler brauchen Deutsch, Deutsch, Deutsch, Deutsch."

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