Streik an Schulen: Die Lehrer lassen nicht nach
Auch am 15. Streiktag machten über 2000 Pädagogen mit. Bei der Kundgebung am Gendarmenmarkt unterstützten auch Schüler die Anliegen der Lehrer. Bei der Streikbeteiligung gibt es große Unterschiede zwischen den Bezirken.
Als letzter steht Robert Sobota auf der Bühne. 19 Jahre ist er alt, gerade noch Schüler, Abiturient, jetzt Lehramtsstudent – und eines Tages Lehrer? Zusammen mit der linken Schülergruppe „Red Brain“ ist Sobota vom Rosa-Luxemburg- Platz zur Kundgebung des Lehrerstreiks auf dem Gendarmenmarkt gelaufen, jetzt steht er am Mikro: „Wir müssen in der Einheit von Lernenden und Lehrenden auf die Straße gehen“, fordert er. Bald sind die Probleme der Demonstrierenden auch seine: tarifliche Eingruppierung, gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
Nach den Lehrerstreiks im August und September hatte die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) erneut zum Streik aufgerufen – zum 15. Mal seit Dezember 2012. Während es beim letzten Streik im September geregnet hatte, trafen sich die Demonstranten an diesem Montag bei strahlendem Sonnenschein auf dem Gendarmenmarkt. Laut Bildungsverwaltung streikte mehr als jeder fünfte angestellte Lehrer: 2158 wurden von den Schulen gemeldet. Bis zu 2300 Demonstranten fanden sich laut Polizei bei der Kundgebung ein. Darunter auch Schüler, die sich solidarisch mit ihren Lehrern zeigten: „Unsere Lehrer sind immer für uns da, damit wir gut lernen. Jetzt sind wir auch mal einen Tag für sie da, um sie zu unterstützen“, so eine 15-Jährige von der Willy-Brandt-Schule in Wedding.
Von der Treppe des Konzerthauses hatten die Pädagogen den besten Blick auf die Bühne. Dort gab es neben den Gewerkschaftsreden auch ein buntes Programm. Kabarettist Martin Maier-Bode lieferte – in Anspielung auf den Finanzsenator – eine Variation des Drafi-Deutscher-Songs „Weine nicht, wenn der Nußbaum kommt“. In der Menge gab sich auch eine Pädagogen-Berühmtheit die Ehre: Lehrer Lämpel. Wilhelm Buschs Figur, aus Holz gesägt, trug das „letzte Hemd“ und wurde von Andreas Nettesheim hergebracht, der am Ruth- Cohn-Oberstufenzentrum in Charlottenburg Mathe und Deutsch unterrichtet. Die Ungerechtigkeit der Bezahlung ist für den 44-Jährigen der Hauptgrund, zu demonstrieren. Und wenn sich weiter nichts tut im Senat? „Dann werden wir wohl noch eine Schippe drauflegen müssen“, meint er. Das heißt? „Mehrere Tage streiken. Auch wenn ich beim Gedanken daran zittrig werde. Wir müssen dann viel mit den Schülern nachholen – da schlafe ich schlecht.“
Ob es vor Weihnachten noch „ein, zwei oder drei Streiks“ gibt, wird die tarifpolitische Konferenz der Berliner GEW am 29. Oktober diskutieren und dann der Tarifkommission empfehlen. Vorher wird es allerdings noch eine nicht unwichtige Entscheidung auf Bundesebene geben: Die Bundestarifkommission der GEW wird sich am Freitag mit einem erneuten Gesprächsangebot der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) befassen. Zunächst muss die GEW entscheiden, ob sie die Verhandlungen auf Bundesebene überhaupt führen will, oder ob es dabei bleibt, dass die GEW in den einzelnen Ländern selbst verhandeln soll.
Falls die Gespräche auf Bundesebene tatsächlich zeitnah beginnen würden, rechnen Experten dennoch mit einem Ergebnis nicht vor 2015, da es um eine extrem schwierige Materie geht: Um die von der GEW angestrebte tarifliche Eingruppierung aller Lehrer zu erreichen, müsste für alle 16 Bundesländer und ihre Besonderheiten bei der Besoldung eine gemeinsame Form gefunden werden. Außerdem ginge es um einen bundesweit sehr hohen Millionenbetrag, wenn man die Einkommensunterschiede zwischen den einzelnen Ländern und zwischen Angestellten und Beamten ansgleichen wollte. Da dies als finanziell nicht machbar gilt, müssten Kompromisse gesucht werden. Dies aber würde für die Berliner Lehrer bedeuten, dass sie sich noch lange Zeit mit dem Status Quo abfinden müssten und die bisherigen Streiks vielleicht verpuffen würden. Ausgang offen.