Sanierungsstau: An Berlins Schulen fehlen 800 Millionen Euro
Marode Heizungen, zugige Fenster, feuchte Deckenplatten: Berlins Schulgebäude sind kaputt. Gelder aus Investitionsprogrammen werden jedoch nicht immer zweckgebunden ausgegeben.
Berliner Schulleiter können aufatmen: Der Winter macht eine Pause. Selbst montags müssen die Schüler in ihren Klassenräumen nicht mehr vor Kälte bibbern. Marode Heizungen, zugige Fenster und feuchte Deckenplatten bleiben dennoch weiterhin ein Ärgernis. „Der Raum ist der dritte Pädagoge“, zitiert Inge Hirschmann vom Grundschulverband einen didaktischen Leitspruch. Von diesem dauerkranken Pädagogen lernen die Schüler derzeit, dass Bildung nicht viel wert ist.
Im Fichtenberg-Gymnasium in Steglitz sind die Physik- und Chemieräume noch immer unbenutzbar. Der Wasserschaden aus der Tauphase vor Silvester wurde noch nicht behoben. In der Schilling-Schule in Britz, einer Förderschule für Körperbehinderte, haben sich in den Fluren des hauseigenen Schwimmbads kleine Schimmelnester gebildet. Und in der Grundschule im Hasengrund in Niederschönhausen sind wieder neue Wasserflecken aufgetreten. Die werden irgendwann übermalt, heißt es dort – in Eigeninitiative der Eltern.
Der Sanierungsstau an den Berliner Schulen beläuft sich auf rund 800 Millionen Euro. Diese Zahl ist allerdings aus dem Jahr 2009. Wie viel davon durch das Konjunkturpaket II der Bundesregierung und andere Förderprogramme abgebaut werden konnte, ist unklar. Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) hatte bereits im Dezember die stolze Zahl von einer Milliarde Euro genannt, die in der laufenden Legislaturperiode – also innerhalb von fünf Jahren – in die Berliner Schulen geflossen sei. Das Geld setzt sich aus sieben Förder- und Investitionsprogrammen zusammen. Jedes Jahr erhalten die Bezirke 32 Millionen Euro aus dem „Schulanlagensanierungsprogramm“ des Senats. Hinzu kamen letztes Jahr 60 Millionen Euro für die Bauunterhaltung und Sanierung bezirklicher Gebäude. Diese Summe soll in diesem Jahr auf 75 Millionen Euro steigen.
Die Gelder werden jedoch nicht immer zweckgebunden ausgegeben. Einige Bezirke bauen Verwaltungsgebäude um, damit sie mehr Personal aufnehmen können. Alle Schulen in Reinickendorf wurden 2010 mit „Amokalarmanlagen“ ausgestattet – „das war eine Vorgabe des Senats“, sagt Baustadtrat Martin Lambert (CDU). Extra Geld gab es dafür nicht.
Sieben bis acht Millionen Euro hat Reinickendorf jedes Jahr zur Verfügung, um öffentliche Gebäude instand zu halten. „Das reicht für das Gröbste“, sagt Lambert, aber nicht für Grundsanierungen. Abgesehen von Notfällen wie der Erpelgrund-Schule in Heiligensee: Dort war Asbest entdeckt worden. Für die Erweiterung der Chamisso-Grundschule im Märkischen Viertel gab es zwar Geld aus dem Förderprogramm Stadtumbau-West. Nur reichte es nicht. 300 000 Euro musste der Bezirk zuschießen – Geld, das für andere Projekte fehlte.
Auf 60 Millionen Euro schätzt Lambert den Sanierungsstau an Schulgebäuden in Reinickendorf. In durchweg bürgerlichen Bezirken, die nur wenige Förderprogramme ausschöpfen können, summiert sich der Bedarf auf bis zu 100 Millionen Euro.
Im sozial schwachen Friedrichshain-Kreuzberg sieht die Lage an den Schulen dagegen vergleichsweise gut aus. „Wir haben verschiedene Förderkulissen“, sagt Schulstadträtin Monika Herrmann (Grüne). Neben Stadtumbau-West und -Ost können hier vor allem Gelder aus der „Sozialen Stadt“ in die Schulen geleitet werden: Kreuzberg hat fünf Quartiersmanagement-Gebiete. Für den Umbau der Nürtingen-Grundschule am Mariannenplatz konnte so eine halbe Million Euro aufgebracht werden. „Das ist traumhaft“, freut sich Herrmann und sagt im gleichen Atemzug, sie sehe dieses Ungleichgewicht kritisch. „Auch die Kinder in Steglitz-Zehlendorf sollten an schönen Schulen unterrichtet werden.“
Und auch die in Pankow. Dagmar Jepp-Matthes von der Grundschule im Hasengrund hat keine Lust mehr auf die ewige „Flickschusterei“. Die Schule, 100 Jahre alt, müsste nicht nur dringend saniert werden. Sie platzt auch aus allen Nähten. Räume fehlen für den Hort und den Musikunterricht.
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