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Kunsthof
© Doris Spiekermann-Klaas

Sanierung: Schöne neue, alte Stadt

15 Jahre wurde die Spandauer Vorstadt in Mitte saniert, inzwischen ist die Gegend rund um die Hackeschen Höfe international bekannt. Jetzt steht für Behörden und Eigentümer die Abrechnung an.

Manchmal sieht ein Haus nach der Sanierung aus wie vorher. Zum Beispiel an der Auguststraße 10. Die Besetzer von einst sind heute legale Benutzer und einigten sich mit ihrem Hauseigentümer darauf, dass innendrin instandgesetzt wird, aber draußen alles bleibt, wie es ist. Jedenfalls scheinbar: Die Fassade sieht bröckelig aus, frische Farbe Fehlanzeige. Dennoch ist die Front gegen Wind und Wetter geschützt. So wollen die Bewohner daran erinnern, wie es vor gar nicht langer Zeit überall ausgesehen hat in der Spandauer Vorstadt.

Seit 1993 stand das Viertel zwischen Hackeschem Markt, Oranienburger Straße und Linienstraße unter dem Schutz des Sanierungsrechts. 15 Jahre lang wurden 203 Millionen Euro öffentlicher Zuschüsse in das Gebiet gesteckt und noch mehr privates Geld investiert. Am kommenden Dienstag will der Senat formell beschließen, die Spandauer Vorstadt aus der Sanierung zu entlassen, so wie zwei weitere Gebiete in Lichtenberg und Friedrichshain. Deshalb meldete Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern bei einem kleinen Rundgang: Mission erfüllt.

Tatsächlich ist die Sanierung der Spandauer Vorstadt, bei allen Auseinandersetzungen in der Vergangenheit, ein Musterbeispiel. Schmucke Ensembles konnten vor dem Verfall gerettet werden – nicht nur die berühmten Hackeschen Höfe, sondern auch die Heckmann-Höfe oder die Kunst-Höfe in der Oranienburger Straße 27. Auf diese denkmalgeschützte Anlage sind die Stadtentwickler besonders stolz. Für sechs Millionen Euro wurde das klassizistische Ensemble, das einst zur Hälfte dem Baulöwen Roland Ernst gehörte, instandgesetzt. 2,5 Millionen Euro hat das Land Berlin aus Denkmalpflegemitteln dazugeschossen.

Dabei war die Situation zu Beginn der Sanierung alles andere als günstig. Bei 96,3 Prozent der 572 Grundstücke in dem 67 Hektar großen Gebiet waren die Eigentumsverhältnisse ungeklärt. Viele Gebäude waren nicht mehr als Ruinen, die wenigen Bewohner, die ausgeharrt hatten, saßen wie auf gepackten Koffern, um wegzuziehen. Geschätzt 1,5 Milliarden Euro stecken nun in den sanierten oder neu gebauten Häusern, aber auch in den erneuerten Straßen, Leitungen und Grünanlagen, sodass die Spandauer Vorstadt heute für rund 8700 Einwohner wieder eine lebenswerte Umgebung ist – knapp sieben Prozent davon sind Kinder unter sechs Jahren.

Insbesondere für sie ist der Monbijoupark mit dem Kinderbad wichtig. Aber es gibt auch verstecktere Kleinodien. Zum Beispiel den sogenannten Krausnickpark, zu erreichen durch ein mit Zeitschaltuhr gesichertes Gartentor im Haus Oranienburger Straße 20. Rund 670 000 Euro steckten Senat und Bezirk in die Grünanlage, die wie ein gemeinsamer Hinterhof der Wohnhäuser ringsherum aussieht. Ein Anwohnerverein kümmert sich nun um die Pflege des kleinen Parks. Und er organisierte auch den Protest, als durch Neubaupläne der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung der Park hätte deutlich kleiner werden sollen.

Mit der Entlassung aus dem Sanierungsrecht beginnt für die Spandauer Vorstadt die Abrechnung. Einen kleinen Teil der öffentlichen Investitionen soll der Bezirk zurückbekommen. Deshalb erhalten die Grundstückseigentümer Bescheide, wie viel Geld sie für die Sanierung zahlen müssen. Grundlage dafür ist der Wertzuwachs der Liegenschaften durch die Sanierung. Derzeit gehen die Behörden von einem Quadratmeterpreis in der Spandauer Vorstadt von 460 Euro aus. Vor 15 Jahren waren es gut 50 Euro weniger. 30 Millionen Euro sollen aus der Spandauer Vorstadt an die Behörde zurückfließen. Geld, das künftig in neue Sanierungsgebiete gesteckt werden soll.

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