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Abflug. Für die FBB wird ein „Sanierungskonzept“ gefordert.
© Soeren Stache/dpa
Exklusiv

Grünen-Fraktionschef zum Milliardendefizit am Berliner Airport: „Scholz und Scheuer dürfen sich nicht länger wegducken“

Der Hauptstadt-Airport braucht viel mehr Steuergeld als befürchtet – bis 2034. Grünen-Fraktionschef Hofreiter plädiert für BER-Entschuldung.

Er gilt als einer der härtesten BER-Kritiker. Nun überrascht Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter (Grüne) mit einem ungewöhnlichen Vorstoß, wie die Dauerfinanzkrise am neuen Berlin-Brandenburger Airport gelöst werden könnte, der sonst noch über ein Jahrzehnt zum Zuschussbetrieb für die öffentliche Hand wird.

„Die Flughafengesellschaft muss entschuldet werden, denn Bund, Berlin und Brandenburg können nicht alle drei Monate einige hundert Millionen Euro nachschießen“, sagte Hofreiter dem Tagesspiegel. „Die Minister Olaf Scholz und Andreas Scheuer dürfen sich bei diesem Chaos nicht länger wegducken, sondern müssen dafür sorgen, dass die Gesellschaft personell und finanziell vom Kopf auf die Füße gestellt wird.“ 

Die Flughafengesellschaft (FBB) stehe „finanziell am Abgrund“. Er erinnerte daran, dass es bereits vor der Coronakrise „ein milliardengroßes Loch in der Bilanz der Flughafengesellschaft“ gab.

Zuvor hatte der Tagesspiegel publik gemacht, dass die FBB angesichts der Corona-Einbrüche bis 2034 mit roten Zahlen rechnet und dem Vernehmen nach intern bis zu 1,8 Milliarden Euro Kapitalspritzen und der Erlass eines 1,1-Milliarden-Darlehens kalkuliert werden. Die FBB erklärte dazu, dass bis März der neue Businessplan vorliegen soll, es „noch keine finalen Zahlen“ gebe.

Grünen-Finanzexperte Wesener: Auch Insolvenzfall vorbereiten

Berlin, Brandenburg und der Bund stehen zudem vor der Frage, neben den Hilfen eine Patronatserklärung – eine Garantie – für den Weiterbetrieb der FBB abzugeben. Ohne die Parlamente – und das in einem Wahljahr im Bund und in Berlin – wird das nicht möglich sein. Im Abgeordnetenhaus melden sich erste Stimmen. Der Grünen-Finanzexperte Daniel Wesener sagte: „Es wird Zeit, sich von der Mär der ’Erfolgsstory’ zu verabschieden und den Insolvenz- und Sanierungsfall vorzubereiten.“ 

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Und der CDU-Abgeordnete Christian Gräff forderte angesichts der neu bekannt gewordenen Fakten „ein Sanierungskonzept“ für die FBB. Er sprach sich auch angesichts des niedrigen FBB-Wertes gegen eine Teilprivatisierung aus, die die FDP favorisiert. Zugleich verlangte Gräff Aufklärung, ob Finanzsenator Matthias Kollatz und Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup dem Berliner Parlament im November und Dezember 2020 falsche Zahlen zu den BER-Finanzen präsentiert haben.

Berliner FDP-Fraktionschef Czaja fordert Auszahlungsstopp

Die Auszahlung weiterer Kredite an die FBB müsse „vorerst gestoppt werden, bis eine lückenlose Darstellung der Finanzlage der FBB vorliegt“, sagte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. Er fordert eine Sondersitzung des Hauptausschusses im Berliner Parlament. Nach der Blamage beim Flughafenbau dürfe sich Berlin keinen drohenden Finanzskandal à la Wirecard leisten.

Lütke Daldrup wird demnächst als Zeuge im Berliner BER-Untersuchungsausschuss vernommen. Zu Wort meldete sich auch der Potsdamer Anwalt Marc Liebscher, der Betroffene im VW-Dieselskandal und im Wirecard-Skandal vertritt. „In der freien Wirtschaft würde in solch einem Fall eine Sonderprüfung durchgeführt. Vor allem aber ist jetzt ein Sanierungsgutachten nötig, und zwar von unabhängigen Dritten.“ Geschäftsführung und Ernst & Young, die bisherigen FBB-Wirtschaftsprüfer, dürften damit nichts zu tun haben. 

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