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Baumfrevel in Friedrichshain. Die Rinde wurde massiv beschädigt.
©  Nora Noll

Hundbesitzer unter Verdacht: Rund 100 Bäume in Friedrichshain beschädigt

Unbekannte haben im Bereich der Warschauer Straße Platanen, Linden und Ahornbäume teils schwer am Stamm verletzt. Umweltschützer bezichtigen Besitzer von Hunden. Anwohner glauben das nicht.

Die Rinde des Baumes ist großflächig abgerissen und liegt in kleinen Fetzen um den Stamm verteilt, die zentimetertiefe Wunde gibt den Blick auf helles, zersplittertes Holz frei: Dieses traurige Bild bietet sich Spaziergängern und Anwohnern in der Grünberger Straße in Friedrichshain. Auch die Platanen, Linden und Ahornbäume, die den Mittelstreifen der Warschauer Straße säumen, weisen Verletzungen auf, die von oberflächlichen Kratzern bis zu tiefen Verletzungen reichen.

Ein Baumzerstörer ist im Kiez unterwegs, seine Opfer stehen wehrlos am Straßenrand. Die Umweltorganisation Bund berichtete vergangene Woche erstmals über den Frevel und untersuchte an der Warschauer Straße und in der Umgebung 227 Bäume. Davon waren 102 verletzt, vier Bäume wurden sogar so tiefgehend beschädigt, dass sie „geringe oder keine Überlebenschancen mehr haben“.

Die Häufung der Fälle an der Warschauer Straße lässt auf eine systematische Zerstörung schließen, über die Täter ist nichts bekannt. In der ersten Pressemitteilung des Vereins wird die Vermutung geäußert, dass auf die Bäume „mit einem Gegenstand wie wild eingeschlagen wurde“. Die Mitarbeiter der anliegenden Geschäfte wie „Nuts & Co“ oder „Croque la France“ haben jedoch nichts Auffälliges bemerkt. Nicht einmal die beschädigten Bäume sind ihnen aufgefallen.

Pro Baum rechnet die Stadtverwaltung mit 1350 Euro Kosten

Christian Hönig, Bund-Fachreferent für Baumschutz, äußerte im Umweltblog seines Vereins noch einen anderen Verdacht: Hundebesitzer, „die ihre Tiere auf die Bäume hetzen“. Dies erscheint den Anwohnern aber zu weit hergeholt. Dinah Wilde, 39-jährige Anwohnerin der Warschauer Straße, ist selbst Hundehalterin und kann sich ein Beißtraining an Bäumen nicht vorstellen. Es gäbe schließlich Trainingsplätze für Hunde im Volkspark Friedrichshain und in der Revaler Straße, ein Abrichten direkt neben den Gleisen der Straßenbahn sei außerdem riskant.

Auch Thomas Sedgig, Halter einer französischen Bulldogge und Anwohner im Boxhagener Kiez, hat noch nie einen Kampfhund gesehen, der Bäume zerstört. Allerdings berichtete der Züricher „Tagesanzeiger“ im vergangenen Jahr über Kampfhundehalter, die ihre Tiere an Bäumen „scharf machen“, sie also die Rinde zerbeißen lassen. Auch in Berlin sollen solche Hundeattacken in Parks schon vorgekommen sein, schreibt Hönig. Eine Zerstörung diesen Ausmaßes sei bisher nicht bekannt geworden.

Wenn der Verdacht zutrifft, handelt es sich nicht nur um eine ungewöhnliche Form des Hundetrainings, sondern auch um eine teure. Pro Baum einschließlich Kauf, Pflanzung und dreijähriger Pflege rechnet die Stadtverwaltung mit rund 1350 Euro Kosten. Mit vier Bäumen, die es zu ersetzen gilt, sowie fast 100 Bäumen, die nun intensiver Pflege und Schutz bedürfen, beläuft sich der Schaden auf mehrere 10.000 Euro.

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