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Kaufen oder nicht kaufen? Beim Berliner Stromnetz ist Rot-Schwarz uneins.
© dpa

Wechselstrom statt Gleichstrom: Rot-Schwarz streitet weiter um Energiepolitik

SPD und CDU können sich nicht auf eine einheitliche Linie in der Energiepolitik einigen. Damit ist auch noch unklar, ob die Koalition einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen wird, der beim Volksentscheid am 3. November mit zur Abstimmung stünde.

Die Koalition streitet um die Ausrichtung der Berliner Energiepolitik. SPD und CDU konnten sich am Dienstag nicht auf eine gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Berliner Energietisches einigen, der am 3. November im Rahmen eines Volksentscheids zur Abstimmung steht. Während die CDU-Fraktion die Forderungen des Energietisches ablehnt, hält die SPD „wesentliche Ziele des Volksbegehrens für gemeinsame Ziele der Koalition“, wie SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Dienstag nach der SPD-Fraktionssitzung sagte. Auch auf einen alternativen Gesetzentwurf, über den am 3. November parallel hätte abgestimmt werden können, haben sich SPD und CDU vor Ablauf der gesetzlichen Frist nicht einigen können.

Jetzt läuft die Zeit: Eine gemeinsame Position können SPD- und CDU-Fraktion nur noch am Donnerstag im Landesparlament beschließen. Einen eigenen Gesetzentwurf oder sonstigen Beschluss kann das Abgeordnetenhaus nur vorlegen, wenn er spätestens 60 Tage vor dem Tag des Volksentscheids beschlossen worden ist. Dafür ist die kommende Plenarsitzung zeitlich die letzte Möglichkeit.

Der Energietisch fordert die Gründung eines Stadtwerks und die Übernahme des Stromnetzes durch eine landeseigene Netzgesellschaft. Die CDU-Fraktion hatte auf ihrer Sitzung am Dienstag eine ablehnende Stellungnahme zum Volksentscheid verabschiedet. Mit einem Stromnetz lasse sich keine Energiepolitik betreiben. Es gebe durch den Netzkauf erhebliche finanzielle Risiken für Berlin. Der Volksentscheid habe keinen Einfluss auf die Vergabe der Stromnetzkonzession, so die Begründung. Die Konzession läuft Ende 2014 aus. Derzeit läuft das Vergabeverfahren unter Federführung der Senatsfinanzverwaltung. Unter den Bewerbern ist die landeseigene Gesellschaft Berlin Energie. Bei dem Stadtwerk, über das die Koalition seit 2012 nachdenkt, sieht die CDU ein „unkalkulierbares Risiko für den Landeshaushalt Berlin“, sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf.

Das Stadtwerk ist in der Tat Anlass zu heftigem Dissens in der Koalition. Die CDU fordert von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) einen Businessplan. Der soll dem Vernehmen nach zwar schon vorliegen, aber noch nicht beim Koalitionspartner angekommen sein. „Ein Stadtwerk macht nur dann Sinn, wenn es sich rentiert“, sagt Graf. Der Senat hat im Doppelhaushalt dafür jährlich 1,5 Millionen Euro eingeplant. „Das ist nicht realistisch“, kritisiert Grünen-Energiepolitiker Michael Schäfer, „damit kann man keinen Öko-Strom erzeugen.“ Bisher seien auch keine Aufgaben eines Stadtwerkes definiert worden.

Am liebsten hätte die SPD den Gesetzentwurf des Energietisches übernommen, aber das war mit der CDU überhaupt nicht zu machen. Dann verständigte sich die Koalition vor gut einem Jahr auf die Übernahme des Stromnetzes durch das Land mit mindestens 51 Prozent Anteilen. „Das war ein Kompromiss“, sagte CDU-Energiepolitiker Michael Garmer am Montag bei einer Veranstaltung der Berliner Wirtschaftsgespräche. Denn die CDU lehnt die Übernahme des Stromnetzes im Grunde genommen ab – und wartet den Ausgang des Vergabeverfahrens im Herbst 2014 ab.

Im Dezember hatten SPD und CDU ein Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung und zur Gründung eines Stadtwerkes eingebracht. Dieses Gesetz würde die SPD am liebsten am Donnerstag im Parlament verabschieden. Doch ohne einen Businessplan ist auch dies mit der CDU nicht zu machen. Stattdessen präsentierte die CDU nun gestern ihre Ablehnung zum Volksentscheid. Die SPD dagegen teilt die Forderung des Energietisches, die Stromversorgung wieder in die öffentliche Hand zu geben. Auch die gesetzlichen Grundlagen für ein Stadtwerk seien geschaffen worden. Allerdings fordert die SPD eine parlamentarische Kontrolle des Stadtwerks. Der Energietisch hat dies im Verwaltungsrat eines Stadtwerkes ausgeschlossen. Bis Donnerstag werden SPD und CDU nun Gespräche über eine gemeinsame Position führen. „Am Ende werden wir uns schon irgendwie zusammenraufen“, sagte Graf. Für Saleh ist die ablehnende Haltung der „Nervosität der CDU im Wahlkampf“ geschuldet. Die CDU müsse zu den Beschlüssen der Koalition stehen. Es wäre „wünschenswert, am Ende pragmatisch zu einer Lösung zu kommen“. Das hat die Opposition geschafft: Grüne, Linke und Piraten haben sich auf eine Stellungnahme zugunsten des Energietisches verständigt.

Im Senat gehen die Sticheleien weiter. Geht es nach Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU), ist die Position klar: Sie will weder ein Stadtwerk noch ein Stromnetz. Ihre Vorlage für den Senat stieß aber nicht auf Gegenliebe vor allem bei SPD-Senator Müller. Müller hatte auch eine Stellungnahme „in anderer Tonart“, wie es hieß, vorbereitet. Nun wird an einem „Informationspapier, das dem Volksentscheid beigelegt wird“, gearbeitet, sagte Sprecher Richard Meng. Das werde nächste Woche vorgestellt. Darin solle zum Ausdruck kommen, dass der Senat die Forderungen des Volksentscheides „durchaus problematisch“ sehe.

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