Koalitionsgespräche scheitern: Rot-Grün zerlegt sich
Die Koalitionsgespräche sind bereits beim Auftakt gescheitert. Wowereit nennt den Streit um die A 100 als Grund dafür. Die SPD kann nun mit der CDU verhandeln.
Berlin - Die Koalitionsverhandlungen zwischen der Berliner SPD und den Grünen sind am Mittwoch gescheitert. Beide Seiten konnten sich nicht auf einen Kompromiss über den Ausbau der Stadtautobahn A 100 einigen. „Wir haben ernsthaft versucht, eine Basis zu finden. Das war das Bestreben der SPD-Führung“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Er wisse, dass es in Berlin eine „große Erwartungshaltung“ gebe, ein rot-grünes Bündnis zu knüpfen. Bei der A 100 seien aber die Positionen nicht in Einklang zu bringen. Für die Berliner SPD sei der wirtschaftliche Fortschritt eines der zentralen Themen. Dazu gehörten der Ausbau des Großflughafens und die Verlängerung der A 100. Der SPD-Landesvorstand beschloss am Abend einstimmig, mit der CDU die Möglichkeit für Koalitionsverhandlungen auszuloten.
Im Streit um die A 100 war die SPD bereit, bis Frühjahr 2014 auf die Entscheidung einer neu gewählten Bundesregierung zu warten, ob eine Umwidmung der Bundesmittel von 420 Millionen Euro für Lärmschutzmaßnahmen und Straßensanierungen möglich sei. „Danach den Bau immer noch offenzuhalten, ist nicht akzeptabel“, sagte Wowereit. Der SPD-Landesvorstand beschloss ebenfalls einstimmig, dass es mit den Grünen keine Grundlage mehr für Koalitionsverhandlungen gebe.
„Wir sehen das mit großem Bedauern“, sagte der SPD-Landeschef Michael Müller nach der Sitzung. Aber wer regieren wolle, müsse sich auch bewegen und kompromissbereit sein. Der Sprecher der SPD-Linken, Mark Rackles, kritisierte die Grünen als nicht regierungsfähig. „So kann man Posemuckel, aber nicht eine Stadt wie Berlin gestalten.“
Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sagte hingegen, seine Partei sei der SPD „weitreichend“ entgegengekommen. Man hätte sogar dem Bau eines 900 Meter langen Teilstücks bis zu einem Gewerbegebiet an der Sonnenallee in Neukölln zugestimmt. Dort sollte der Autobahnbau nach Ansicht der Grünen aber endgültig enden. Ratzmann und die Grünen-Landeschefin Bettina Jarasch äußerten „ernsthafte Zweifel am Willen der SPD, Rot-Grün zu verhandeln“. Seit langem sei eine rot-schwarze Koalition das Ziel von Wowereit, sagte auch die ehemalige Spitzenkandidatin Renate Künast. „Vom Wahlkampf bis zu den Sondierungen hat er auf die Grünen eingeschlagen“, sagte Künast. Wowereit habe „die Kapitulation und keine Koalition“ gewollt.
Die geplanten Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU sollen auf der Basis eines bereits geführten Sondierungstreffens stattfinden. Voraussichtlich nächste Woche werden die großen Verhandlungskommissionen beider Parteien zusammenkommen. Schwierige Themen mit der CDU seien die Bildungs- und Integrationspolitik, bestätigte Müller.
Die CDU reagierte zurückhaltend positiv auf das Scheitern der rot-grünen Gespräche. „Der Ball liegt im Feld von Wowereit“, sagte der CDU-Partei- und Fraktionschef Frank Henkel dem Tagesspiegel. Die CDU werde sich einem Verhandlungsangebot aber nicht verschließen. „Es herrscht keine Euphorie, der Sekt ist noch nicht geöffnet worden“, war von anderen CDU-Größen zu hören. Allen sei klar, dass Verhandlungen „schwierig“ würden, wenngleich es „keine Knackpunkte“ mit der SPD gebe.
Die Bundes-Grünen zeigten sich verbittert. Wowereit habe nicht auf Augenhöhe verhandeln wollen und es nur – wie bisher mit den Linken – auf eine „SPD plus“ angelegt, sagte Parteichef Cem Özdemir dem Tagesspiegel. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles spielte die Absage an die Grünen als „rein regionale Entscheidung“ herunter.