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Kulinarischer Vergleich: Welche Rostbratwurst macht im Berliner Grillsommer das Rennen?
© dpa

Zur Berliner Grillsaison: Rostbratwürste im Test

Der Sommer ist da und in den Berliner Parks und Gärten wird fleißig gegrillt. Zu diesem Anlass probierte sich unsere Testrunde durch Rostbratwürste. Ob echte Thüringer oder orientalische Gewürzkreation - für jeden Geschmack ist was dabei.

Der Ingrimm, mit dem jetzt allenthalben gegrillt wird, wirkt wie ein Zeichen eines überkulinarischen Notstands, der nun ein Land ergreift, das allzu lange im Winter gelegen hat. Besonders die Rostbratwurst erfreut sich hier in jüngerer Zeit wachsender Beliebtheit. Im Unterschied zu Fleisch ist sie sozusagen faserfrei und hat bereits beim Metzger die wichtigsten Gewürze in sich aufgenommen. Dabei sollte jedem klar sein, dass sich im Darm überwiegend Schlachtware befindet, die man anders kaum zu sich nehmen würde.

Die monatliche Testrunde traf sich diesmal bei Steffen Sinzinger im Concorde-Hotel in Sichtweite des Kranzler-Ecks. Der Chef des dortigen „Brasserie Le Faubourg” ist nicht nur ein glänzender Koch, sondern mit seinem Blog „Berliner Speisemeisterei“ ein engagierter Beobachter der kulinarischen Szene. Am Ende der Verkostung standen zehn interessante wie unterschiedliche Würste im Vordergrund. Sie steckten das Terrain ab und verwiesen die gewiss schmackhaften Rostbratwürste bewährter Berliner Fleischereien wie Gerlach, Gottschlich, Naesert und Staroske auf die Plätze.

Delikatess-, Bio-, und Neuland-Bratwürste

Den schwächsten Eindruck hinterließ da noch die Wurst von Detlev Glaser. Vom Körper her mild und etwas unfettig-bröselig nach nicht einmal scharfem Rösten, äußert sich doch rasch ein etwas penetranter Geschmack, der auf viel Majoran, ja fast Oregano deutet und auf Zitrone, hauptsächlich aus der Zeste übrigens. Ähnlich trockenkräuterig erschien Sinzinger die „Ökoland Delikatess Bratwurst“ aus dem Biosupermarkt, die aber trotz tüchtig weißen Pfeffers insgesamt zurückhaltender in der Würzung ist.

Mit der „Bauernbratwurst Traitafina“ stammte ein Produkt aus einem der Heimatländer guter Wurst: der Schweiz. Das erst kürzlich zum kulinarischen Berlin gestoßene Chuchichäschtli führt die Wurst mit relativ grober Struktur, die an Maultaschenbrät erinnert – mit Liebstöckel in der Würze und einer süßlichen Note, der allerdings einiges Salz gegenüber steht. Die Wildschweinbratwurst, die Lutz Albrecht in Schöneberg verkauft, wirkt so stark von Pökelsalz bestimmt, dass Wildgeschmack nicht richtig wahrzunehmen war. Sinzinger verglich sie eher mit Kassler.

Weitaus zufriedener war er mit der recht stückigen, vorsichtig gesalzenen Rostbratwurst der Neuland-Fleischerei Bauermeister. Als gute Grundlage für Senf eigne sich hier das speckige Schinkenaroma, das vor den Gewürzen zum Ausdruck kommt. Die Fleischerei Bünger dicht am oberen Kurfürstendamm setzte da noch eins drauf. Ihre Wurst ist gröber, eigentlich ein Volksfesttyp, und besitzt eine ansprechende Balance verschiedener Gewürze, darunter Kümmel und Knoblauch. Konkurrent Bachhuber dagegen setzt auf ungebrühte Ware und genügt damit einem der Ansprüche, die an eine echte Thüringer gestellt werden. Allerdings kommt die Konsistenz angenehm orientalisch daher: Ein Parfum aus Koriander, Kumin und Macis schwebt über einer runden Süße.

Die Testsieger unter den Rostbratwürsten

„Für mich ganz vorn“, sagte der gebürtige Thüringer Sinzinger, nachdem er vom Wurstmann gekostet hatte. Es handelte sich um eine original Thüringer von der „Fleischerei Hönnger“ aus Dorndorf-Steudnitz bei Jena. Das elastische Brät im langen Schlauch muss man zurechtdrücken, bevor es auf den Grill kann. Die Mühe lohnt sich. Zu einem wunderbar saftig-knackigen Biss gesellen sich Kümmel und Zitronenabrieb, die dem Röstgeschmack die Banalität nehmen.

Zwei weitere Kandidaten machten die Spitzengruppe zu einem Trio. Alle drei ragen in den für eine Bratwurst so wichtigen Kategorien Bauchfleisch, Fett, Gewürz, Schmelz, Biss sowie Röstaroma weit aus dem Durchschnitt hervor. Zu den Vorzügen von „nah und gut“ gehören arttypisches Fleischaroma, das von Gewürz, vor allem duftiger Pfeffer, lediglich geschmacksanregend gekitzelt wird, zu denen von Lindenberg die Substanz und der Wohlgeschmack, der das Fleisch vom Duroc-Schwein auszeichnet. Letztere hat nach Sinzingers Ansicht die beste Struktur und ist mit schwarzem Kümmel ungewöhnlich gewürzt. „Wunderbar pikant ist die Duroc“, meinte Gastrokritiker Jürgen Schiller, den die Jury als Ehrengast geladen hatte, „die brennt leicht nach.“

Chuchichäschtli, Wilmersdorf, Holsteinische Straße 19

Der Wurstmann, Mi und Sa Stand Wochenmarkt Winterfeldtplatz, Do Rheinstr./Breslauer Platz und Sa Boxhagener Str.

Fleischerei Bachhuber, Wilmersdorf, Güntzelstr. 47

Fleischerei Bauermeister, Charlottenburg, Danckelmannstr. 11

Fleischerei Glaser, Grunewald, Delbrückstraße 32

Frischeparadies Lindenberg, Charlottenburg, Morsestr. 2

Nah und gut, Wilmersdorf, Düsseldorfer Str. 74

Fleischerei Bünger, Charlottenburg, Westfälische Str. 53

Wild & Geflügel Albrecht, Schöneberg, Akazienstr. 4

Gastgeber: „Brasserie Le Faubourg“, Charlottenburg, Augsburger Str. 41, Tel.: 800 999 7700

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