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Die Maschinen können wieder ans Werk gehen: der Kiefernforst auf dem Tesla-Gelände.
© Patrick Pleul/dpa
Update

Nächster Rodungsstopp: Rodung für Gigafactory in Grünheide nun Fall für Oberverwaltungsgericht

Zauneidechsen und Schlingnattern sind ausreichend geschützt, befindet das Verwaltungsgericht – und weist einen Eilantrag von Umweltschützern gegen Rodungen ab. Die ziehen nun in die nächste Instanz. 

Der Streit um die vom US-Elektroautobauer Tesla begonnene Abholzung einer weiteren Waldfläche auf der Baustelle in Grünheide geht in die nächste Instanz: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) muss nun entscheiden, ob die 82,8 Hektar gerodet werden dürfen. 

Das OVG erließ am frühen Abend eine Zwischenverfügung, die Arbeiten zu stoppen, die zuvor das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) für rechtens erklärt hatte. „Der zuständige 11. Senat hat eine Zwischenanordnung erlassen, mit der die Rodungsarbeiten bis zu einer Entscheidung über die Beschwerde gestoppt sind“, erklärte das OVG. 

„Diese Entscheidung soll lediglich verhindern, dass die Gewährung effektiven Rechtsschutzes durch die Schaffung vollendeter Tatsachen vereitelt wird. Sie ermöglicht keine Prognose über den Ausgang des Beschwerdeverfahrens.“

Die Frankfurter Richter hatten  einen Eilantrag der Umweltverbände NABU und Grüne Liga für einen vorläufigen Rodungsstopp abgewiesen. Die beiden Umweltverbände legten umgehend Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) ein, wie die Geschäftsführer Michael Ganschow (Grüne Liga) und Christiane Schröder (Nabu) erklärten.  

Erst am Dienstag hatte das Frankfurter Gericht per Zwischenverfügung die Baumfällungen erst einmal gestoppt, so wie jetzt in zweiter Instanz das OVG, um vollendete Tatsachen zu verhindern. Es gibt Hinweise, dass die Hälfte des Waldes schon gerodet sein soll. Mit Einreichung ihres Antrags hatten die Umweltschützer auch um Eilrechtsschutz gebeten, um zu verhindern, dass der US-Konzern vollendete Tatsachen schafft, ehe der Rechtsstreit entschieden ist. Das hatten die Frankfurter Juristen noch anerkannt.

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In der Sache konnten die Verbände in erster Instanz jedoch nichts ausrichten. Die Genehmigung des „vorzeitigen Beginns“ der Arbeiten durch das Brandenburger Landesumweltamt vom 30. November sei rechtmäßig, entschied das Verwaltungsgericht am Donnerstag.

Die Umweltverbände hatten die geschützten Tierarten Zauneidechse und Schlingnatter als Argument gegen die Baumfällungen angeführt. „Die Hauptpopulation beider Arten liegt außerhalb des Vorhabengebiets“, stellten die Richter jedoch fest – weshalb die Entscheidung des Umweltamtes nicht zu beanstanden sei. Vorkommen und Lebensräume seien umfassend dokumentiert und zudem ausreichende Vorkehrungen zum Schutz der Tiere getroffen worden. Ferner habe die Verwaltung Ausgleichsmaßnahmen und Umsetzung von Tieren angeordnet, was von Tesla vor Beginn der Arbeiten auch fachgerecht ausgeführt worden sei.

„Daher bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle“, befand das Gericht. “Eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für die Zauneidechse und Schlingnatter ist voraussichtlich nicht zu besorgen.“

Kein lange gewachsener Naturwald, sondern Industriegebiet

In dem Streit geht es um die Rodung von 82,9 Hektar Kiefernforst. Tesla benötigt die Fläche eigenen Angaben zufolge für Rohrleitungen und als Lagerungsmöglichkeit. Das Gericht machte nun deutlich, dass es sich dabei keineswegs um „die Beseitigung eines über lange Zeit gewachsenen Naturwaldes handelt“, sondern lediglich ein Wirtschaftswald für die Fabrik weichen müsse – der zudem bauplanungsrechtlich als Industriegebiet ausgewiesen sei.

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Zwei Tage nach der Zwischenverfügung ist der Stopp der Arbeiten somit wieder hinfällig. Tesla darf die Kiefern weiter abholzen. Allerdings können die Umweltverbände auch beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde gegen den Beschluss einlegen.

Tesla stützt sich bisher nur auf vorläufige Genehmigungen

Für den Forst wie für die gesamte Baustelle gilt: Bisher stützt Tesla sich bei allen Maßnahmen auf vorläufige Zulassungen der Brandenburger Behörden, weil die komplette umweltrechtliche Genehmigung noch aussteht. Naturschützer und Anwohner befürchten negative Folgen für die Umwelt.

Im vergangenen Winter hatte es bereits Streit um 92 Hektar Wald auf dem Gelände gegeben. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wies die Eilanträge zweier Umweltverbände im Februar zurück, sodass Tesla die Bäume noch vor Beginn der Vegetationsperiode fällen durfte.

Ein Jahr nach der ersten Ankündigung ist der Rohbau der Gigafactory schon fast fertig. Bereits ab Juli 2021 sollen die ersten Elektrofahrzeuge vom Band rollen. Der Zeitplan ist äußerst eng - und entsprechend heikel sind die Gerichtsverfahren für den Konzern. (mit dpa)

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