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Manchen gilt das Kopftuch als Zeichen von Parallelgesellschaften.
© dpa

Kopftuchstreit in Berlin: Richter wollten Anwältin Teilnahme an Verhandlung verweigern

Am Amtsgericht Mitte forderten Richter eine muslimische Anwältin auf, das Kopftuch abzulegen. Sollte dies noch einmal vorkommen, erwägt sie eine Verfassungsklage. Die Rechtsanwaltskammer würde sie dabei unterstützen.

Eine Berliner Rechtsanwältin will vor dem Verfassungsgericht klagen, sollte ihr erneut von Richtern verweigert werden, vor Gericht mit einem Kopftuch aufzutreten. In drei Fällen hatten Richter am Amtsgericht Mitte die muslimische Frau aufgefordert, das Kopftuch abzulegen oder „anders zu binden“, wenn sie an einer Verhandlung teilnimmt. Zuvor war ihr dieses bereits einmal am Amtsgericht Tiergarten passiert. Rechtswidrig findet die Rechtsanwaltskammer Berlin das Verhalten der Richter und sichert der Anwältin Unterstützung zu, falls sie vors Verfassungsgericht zieht.

Rechtsanwälte übten einen freien Beruf aus, sie seien keine Organe des Staates, sagte der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Marcus Mollnau: „Im Gegensatz zu Staatsanwältinnen und Berufsrichterinnen sind Anwältinnen auch nicht gesetzlich zu religiöser Neutralität verpflichtet.“ Mollnau sagte, er habe bereits mehrfach gegenüber dem Amtsgericht und der Senatsjustizverwaltung sein Unverständnis über das Verhalten der Richter zum Ausdruck gebracht.

Die Senatsjustizverwaltung will als Exekutive den Fall nicht kommentieren, ist aber der Auffassung, dass eine Rechtsanwältin kein staatliches Organ der Rechtspflege ist und damit auch nicht unter das Neutralitätsgebot fällt.

Für den Berliner öffentlichen Dienst ist gesetzlich geregelt, dass beispielsweise Beamte mit hoheitlichen Aufgaben keine auffallenden religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungsstücke tragen dürfen. Auch für Lehrerinnen an Berlins staatlichen Schulen gilt, dass sie im Klassenzimmer auf das Kopftuch verzichten müssen. Richterinnen und Staatsanwältinnen dürfen ebenfalls auf keinen Fall mit Kopftuch im Gerichtssaal erscheinen. Ausnahmen gibt es laut einer Sprecherin für Referendarinnen. Bei ihren Ausbildungsstationen bei der Staatsanwaltschaft oder beim Gericht können die angehenden Juristinnen zwar mit Kopftuch ins Gericht, aber sie dürfen dann nicht eine Verhandlung leiten oder eine Anklage verlesen. Es komme durchschnittlich zwei Mal im Jahr vor, dass muslimische Referendarinnen ihr Kopftuch nicht ablegen wollen.

Das Abgeordnetenhaus hatte das Neutralitätsgesetz 2005 erlassen. Es war nach dem „Kopftuch“-Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig geworden. Die Karlsruher Richter hatten 2003 geurteilt, dass das Verbot der religiösen Bedeckung durch ein Gesetz geregelt werden muss.

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