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Reisebeschränkungen und Sorge vorm Corona-Hotspot Berlin wirken sich stark auf den neuen Flughafen aus.
© Odd Andersen/AFP

Der Himmel so leer: Reiseflaute verschärft Finanzkrise am BER stärker als gedacht

Täglich starten nur ein paar Maschinen. Easyjet steht fast gar nicht mehr auf dem Plan. Die Coronakrise macht dem frisch eröffneten Airport zu schaffen.

Seit eineinhalb Wochen ist der neuen Hauptstadt-Airport „Willy Brandt“ draußen in Schönefeld eröffnet – doch Betriebsamkeit tritt nur selten ein: Stattdessen trifft die Corona-Pandemie Airlines und damit auch den Flughafen der Hauptstadtregion mit immer größerer Wucht.

Nur wenige Flieger heben hier ab, 61 Abflüge waren es am gesamten Montag, in vierzehn Stunden. 36 Starts folgten am Dienstag, am Mittwoch standen ganze 49 Abflüge im Flugplan, ein Bruchteil im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten.

Was aber am meisten auffällt: Easyjet steht fast gar nicht mehr auf dem BER-Flugplan. Diese Woche hob bis Mittwoch am BER keine einzige Maschine der britischen Gesellschaft ab, die vor einem Jahr die größte Airline der Hauptstadt war, Air Berlin nach dessen Pleite als Marktführer abgelöst hatte. CEO Johan Lundgren war extra zur BER-Eröffnung eingeflogen.

Und nun? Am Donnerstag soll ein einziger Easyjetflieger starten, abends nach Basel, am Freitag sind fünf Flüge angekündigt, etwa nach Wien oder Kopenhagen, am Samstag drei Richtung Kanaren und Griechenland. Das war’s.

Im September und Oktober hatte die Airline von Tegel und Schönefeld aus noch rund 40 Ziele angeflogen, einhundert waren es vor der Corona-Krise. „Die Pandemie ist eine einschneidende Herausforderung, auf die wir zurzeit flexibel mit unserem Flugplan reagieren und diesen entsprechend der Nachfrage anpassen“, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage.

2021 will Easyjet 70 Destinationen vom BER anfliegen

Easyjet habe den Flugbetrieb und die Flugfrequenzen den derzeitigen Gegebenheiten wie etwa (Teil-)Lockdowns in verschiedenen europäischen Ländern „und der grundsätzlich saisonal schwachen Nachfrage im November angepasst“.

Ein Flieger von Easyjet war die erste Maschine, die auf dem BER landete.
Ein Flieger von Easyjet war die erste Maschine, die auf dem BER landete.
© Tobias Schwarz/Reuters

Man konzentriere sich auf bestimmte Städteverbindungen und etwa Sonnendestinationen, die – wie die Kanaren – nicht als Risikogebiet seitens des Robert-Koch-Instituts klassifiziert seien. Generell geht die Airline nach eigenen Angaben bis Dezember europaweit mit etwa 20 Prozent der Vorjahreskapazitäten in die Luft, könne aber bei Nachfrage „das Flugangebot schnell hochzufahren“, heißt es. „Im kommenden Jahr planen wir mit bis zu 70 Strecken ab dem BER.“

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Easyjet hatte schon vor dem BER-Start einen Personalabbau am Standort Berlin und die Halbierung der Flotte von 34 auf 18 stationierte Flugzeuge ab Dezember angekündigt. Nach Verhandlungen mit der Personalvertretung sollen 418 Stellen abgebaut werden – statt der ursprünglich geplanten 738 Stellen. Und zwar auch über ein „ein Freiwilligenprogramm“, um die sonst nötigen betriebsbedingten Kündigungen zu reduzieren.

Die Coronakrise verschärft die Finanzlage für BER-Eigner

Der Einbruch im Luftverkehr verschärft auch die Finanzlage der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB), die sich mit dem vor allem über Milliardenkredite finanzierten BER-Airport übernommen hat – und noch Jahre auf Hilfe der drei öffentlichen Eigentümer angewiesen sein wird.

2020 werden der FBB von den Eignern rund 300 Millionen Euro „Corona-Hilfen“ überwiesen, 2021 sind weitere 552 Millionen Euro vorgesehen. Intern hat die FBB den Eignern empfohlen, sich vorsorglich darauf einzustellen, dass es 640 Millionen Euro werden können. Der Hauptausschuss im Abgeordnetenhaus hatte jüngst den Berliner Anteil an den diesjährigen Corona-Hilfen für die FBB freigegeben. Finanzsenator Matthias Kollatz hatte in der Vorlage gewarnt, dass sonst der Flugbetrieb am BER noch 2020 eingestellt werden muss.

[Endlich fertig! Aus der Dauerbaustelle BER ist ein internationaler Flughafen geworden. Doch viele Probleme bleiben. Lesen Sie alle Beiträge zum neuen Hauptstadtflughafen auf unserer Themenseite.]

Wie es mit dem Flughafen weitergeht, war am Mittwoch auch Thema einer Aktuellen Stunde im Potsdamer Landtag, beantragt von den Freien Wählern. Die Opposition – also Linke, Freie Wähler und die AfD – warnten vor einem Milliardengrab, einem Fass ohne Boden.

Die AfD scheiterte mit einer Beschlussvorlage, einen Insolvenzantrag für die FBB zu stellen. Die Linken forderten, sich von der „überholten Idee eines internationalen Drehkreuzes“ zu verabschieden.

„Wir stehen zum Flughafen“, sagte Finanzministerin Katrin Lange (SPD) in der Debatte. „Wir werden dem Flughafen durch die Krise helfen. Das wird voraussichtlich sehr viel Geld kosten.“ Der FBB fehlen bis Mitte der 20er Jahre etwa zwei Milliarden Euro.

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