Aufruf gegen AfD-Demo in Berlin: Rechter Shitstorm gegen Renate Künast
Die grüne Bundestagsabgeordnete wirbt auf Facebook für die Gegendemo zur AfD-Kundgebung. Dafür erntet sie Morddrohungen und Vergewaltigungsfantasien aus der rechten Ecke.
Die Berliner Bundestagsabgeordnete Renate Künast (Grüne) ist wegen eines Facebook-Beitrags zur AfD-Demonstration am Sonntag Opfer eines rechten Shitstorms geworden. In dem Beitrag ruft sie zur Teilnahme an den Gegendemonstrationen gegen die AfD-Kundgebung am kommenden Sonntag in Berlin auf. Unter den mehr als 2300 Kommentaren unter ihrem Post befinden sich Morddrohungen und zahlreiche Vergewaltigungsfantasien.
Künast ist eigentlich abgehärtet, kennt sich mit Hasskommentaren aus. Sie hat sogar ein Buch darüber geschrieben, wie sie die Verfasser von Hasskommentaren besucht und in persönlichen Gesprächen konfrontiert. Doch der Shitstorm zu ihrem am vergangenen Freitag veröffentlichten Video-Aufruf zum Protest gegen die AfD übersteigt alles, was sie bisher erfahren hat.
"Ich habe das ja schon öfter erlebt, aber das hier ist vom Kaliber der Reaktionen auf die Kölner Silvester-Übergriffe", sagte Künast dem Tagesspiegel am Mittwoch. "Ich habe den Eindruck, die Rechte organisiert sich neu, auch digital."
Künasts Beitrag, der ein Video von ihr vor dem Reichstag zeigt, wurde in zahlreichen rechten Facebook-Gruppen geteilt, darunter einige Pegida-Plattformen - insgesamt 2383 Mal. Daniel Freiherr von Lützow, Mitglied des Brandenburger Landesvorstandes der AFD, schrieb dazu wörtlich auf Facebook: „Da ist es wieder der Deutschenhass der Dame, die lieber heute als Morgen zusammen mit ihrer besten Freundin Roth mit vielen jungen africanwrn (sic!) zusammenleben würde.“
Künast: "Ich möchte, dass sich Gerichte verstärkt mit Hass im Netz beschäftigen"
Künast sagte, sie und ihre Mitarbeiter würden nun die Hasskommentare durchforsten und gegen einige Absender Strafanzeige erstatten. Außerdem würden sie nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz Kommentare melden.
Das umstrittene Gesetz, das am 1. Januar 2018 in Kraft getreten war, verpflichtet Anbieter sozialer Netzwerke, darunter Facebook, Twitter und Youtube, "offensichtlich rechtswidrige Inhalte" innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde zu entfernen. Nicht definiert ist im Gesetz allerdings, wer über die Rechtswidrigkeit von Inhalten entscheidet.
"Wenn man sieht, wie organisiert im Netz gehetzt wird, wird es einem schon schaurig", sagte Künast. Mittlerweile habe der Hass ein Ausmaß erreicht, dass alle ihren Mut zusammen nehmen müssten, um dagegen zu halten. Das sehe man auch an der AfD-Fraktion im Bundestag: "Am Rednerpult im Bundestag organisieren Alice Weidel und andere AfD-Abgeordnete ihr Youtube-Video des deutschen Hasses", sagte sie.
Um sich gegen die Hass-Flut im Netz zu wehren, sucht Künast nun zunächst die Öffentlichkeit. Sie fordert aber auch mehr Rechtsprechung auf diesem Gebiet. "Ich möchte, dass sich Gerichte verstärkt damit beschäftigen", sagte sie.
Dass der AfD-Landesvorstand Rheinland-Pfalz seine Mitglieder mit 50 Euro für eine Teilnahme an der Demonstration am Sonntag belohnt, kommentierte Künast so: "Das ist schon putzig, dass die AfD ihren Leuten jetzt schon Geld zahlen muss." Die rechte Partei nutze alle Möglichkeiten, die es gebe, um Stimmung zu machen. "Jetzt faken sie sogar schon Demonstrationen".