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Ein sogenannter Rundumblitzer an der Schönhauser Allee. Er erfasst sowohl Geschwindigkeitsübertritte als auch Rotlichtvergehen.
© Sebastian Kahnert/dpa

Aktion gegen Raserei: Radioeins warnt nicht mehr vor Blitzern

Nicht mehr zeitgemäß sei es, Raser auf Tempokontrollen hinzuweisen, argumentiert Radioeins vom RBB. Der Sender verweist auf die gestiegenen Unfallzahlen.

Seit Montag gibt es beim RBB-Programm Radioeins keine Blitzermeldungen mehr. In einem Podcast des Senders sagte Nachrichtenchef Jan Vesper: "Die Blitzer sind weg und sie kommen auch nicht wieder."

Der Sender verabschiede sich, "weil wir dies nicht mehr für zeitgemäß halten". Vesper nannte aber auch "ganz objektive Gründe". Die Verkehrsunfallstatistik für Berlin und Brandenburg sei sehr düster, die Zahlen seien in 2018 wieder gestiegen. "Und eine der Hauptunfallursachen ist nun mal Raserei", sagte Vesper weiter.

Der Sender hatte täglich zu den Nachrichten die offiziellen Meldungen der Polizei ergänzt durch Hörermeldungen, wie der Sender mitteilte. "Es sollte der Eindruck flächendeckender Geschwindigkeitskontrollen entstehen, wo es sich nicht lohnt, das Gaspedal durchzutreten", sagte Vesper.

Brandenburger Polizei meldet Standorte, Berlin nicht

Allerdings stimmt Vespers Aussage, dass die Polizei täglich ausgewählte Standorte liefere, nur für Teile Brandenburgs - und schon lange nicht mehr für Berlin.

Das Ganze geht auf den früheren Berliner Polizeipräsidenten Dieter Glietsch zurück: Er hatte in der Pressekonferenz zur Unfallstatistik für das Jahr 2006 nur durch Zufall erfahren von einem Verkehrspolizisten, dass seine Behörde die Standorte einiger mobiler Blitzer veröffentliche. Glietsch hatte noch in der Pressekonferenz verärgert angekündigt, dies einzustellen. Tage später kündigte die Berliner Polizei ganz offiziell an, dass ab 1. März 2007 damit Schluss ist.

Jahrelang hatte das Präsidium einige der damals täglich etwa 40 Messstellen über Radiosender und im Internet veröffentlicht. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es überhaupt keinen Sinn hat, Raser zu warnen“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch damals dem Tagesspiegel und kritisierte das „Blitzermelde-Unwesen“. Zwölf Jahre nach dem Berliner Polizeipräsidenten hat dies nun auch Radioeins gemerkt. Andere RBB-Sender wie Antenne Brandenburg melden die Orte weiterhin. Für Privatsender gehören die "Flitzer-Blitzer" quasi dazu: "Beste Stau- & Blitzerinfos" wirbt zum Beispiel "Star FM".

"Den Blitzermeldungen lässt sich sehr wohl ein verkehrspädagogischer Ansatz zuschreiben", sagte denn auch Radioeins-Mann Vesper am Montag, aber es gebe auch "gewichtige Argumente dagegen" - nämlich die Statistik. In Brandenburg hat sich die Zahl der Rasertoten zuletzt fast verdoppelt: 2018 waren es 17, im Jahr davor neun. Damit ist zu hohes Tempo Unfallursache Nummer 1. "Die meisten Todesopfer kamen bei Verkehrsunfällen ums Leben, die auf nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen sind", hatte das Präsidium Ende Februar gemeldet. Die Zahl der Verletzten stieg von 446 auf 495, ein Anstieg um 11 Prozent.

Als Argument für die Bekanntgabe gilt, dass Autofahrer so jeden Tag hören, dass die Polizei sehr wohl gegen Raser vorgeht und sie deshalb hoffentlich langsamer fahren. Allerdings handhaben die einzelnen Direktionen in Brandenburg dies unterschiedlich. Um Rasern nicht das Leben zu erleichtern, sind die offiziellen Angaben meist relativ ungenau, zum Beispiel "in Gransee an der B96". Die Direktion Nord zum Beispiel nenne nur einen Bereich, sagte eine Polizeisprecherin in Potsdam.

Viel genauer sind die Meldungen von der Direktion West: Für Montag wurde zum Beispiel die Angabe "A9 (Kilometer 38,1 Richtung Leipzig)" veröffentlicht. Die Sprecherin des Brandenburger Präsidiums sagte, dass jede Direktion dies selbstständig entscheiden könne. Anrufer bei Radiosendern nennen natürlich auch genaue Standorte, einige Sender veröffentlichen die dann auch so. Die Brandenburger Direktion Süd veröffentlicht keine Standorte, wie Sprecherin Ines Filohn mitteilte: "Wir sagen, halten Sie sich an die Verkehrsregeln."

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