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Update

Pick Up Artists in Berlin: Proteste am Alexanderplatz gegen Seminar von Profi-Aufreißer

Ein Profi-Aufreißer brüstet sich mit einer Vergewaltigung. Gegen ein Seminar in Berlin gab es massiven Protest - unter anderem am Freitag am Alex. Die Aktivisten fordern ein Verbot.

Die Provokation scheint ihm nicht unangenehm zu sein: Der Vortragende steht vor seinen Zuhörern und erklärt, wie man japanische Mädchen als weißer Mann gefügig machen könne. Einfach „Pokémon“ oder „Tamagotchi“ rufen – schon sei der Bann gebrochen.

Der Mann ist Julien Blanc, gegen den sich gerade im Internet wegen solcher und ähnlicher Vorträge massiver Protest formiert. Er arbeitet für die US-Firma „Real Social Dynamics“ (RSD), die schüchternen jungen Männern in Seminaren und Vorträgen beibringen möchte, wie man Frauen für sich gewinnt. „Pick up Artists“ nennen sich die nach Konzept vorgehenden Aufreißer.

Der Protest gegen ein für dieses Wochenende in Berlin geplantes Seminar weitet sich aus: Am Freitagmittag um 12 Uhr haben Aktivisten am Neptunbrunnen beim Alexanderplatz Flugblätter gegen das "Trainingslager" des professionellen Aufreißers verteilt. Zu der entsprechenden Facebook-Veranstaltung hatten sich mehr als 1000 Teilnehmer angemeldet. Laut Polizei kamen am Ende aber nur etwa 50 Personen.

Die Demonstranten werfen dem Veranstalter vor, in dem Seminar Methoden zu vermitteln, bei denen Frauen physisch und psychisch Gewalt angetan wird. Unter anderem die Grüne Jugend und die Jungen Piraten haben sich dem Aufruf angeschlossen. Jasna Strick, Sprecherin im Bundesvorstand der Jungen Piraten, sagt über das Seminar: "Für hohe Teilnahmegebühren werden hier Männer darin geschult, Frauen zu erniedrigen und sich über ihren Willen hinweg zu setzen."

In Australien reagierte das Ministerium

Besonders empört sind die Gegner über ein Video, das inzwischen nicht mehr abrufbar ist. Darauf soll Julien Blanc sich brüsten, er habe nach einer gemeinsamen Nacht mit einer Frau nicht akzeptiert, dass sie am nächsten Morgen keinen Sex mehr mit ihm gewollt habe und den Verkehr dennoch vollzogen – sie also vergewaltigt. Das australische Innenministerium hatte in der vergangenen Woche bereits Konsequenzen gezogen und Julien Blanc sein Visum entzogen, so dass er frühzeitig abreisen musste.

Von den australischen Aktivisten habe sie von der Veranstaltung in Berlin erfahren, sagt Birte Rohles, Referentin der Frauenrechtsorganisation Terre des femmes in Deutschland. Deshalb habe die Organisation am Mittwoch Briefe an den Regierenden Bürgermeister und den Berliner Polizeipräsidenten geschickt, mit der Bitte, das Seminar zu stoppen. Wo es stattfinden soll, darüber hält sich der Veranstalter bedeckt – aus gutem Grund. In sozialen Netzwerken mutmaßen die Gegner bereits über den Seminarort, um dort zu protestieren. Vor einigen Monaten hat Julien Blanc selbst in Berlin einen Vortrag gehalten. Dieser soll damals im Westin Grand Hotel an der Friedrichstraße stattgefunden haben. Dieses Wochenende seien keine Veranstaltungen im Haus geplant, sagt eine Sprecherin des Hotels.

Manuel Gonzalez, professioneller Flirtcoach aus Berlin, saß damals im Publikum. Er selbst grenzt sich von Pick Up Artists ab, sagt aber, er habe sich selbst ein Bild von Blanc machen wollen, den er als „Idolfigur“ vieler Pick Up Artists bezeichnet. Die etwa hundert Zuhörer seien von dem Vortrag „durchweg begeistert“ gewesen. Äußerungen wie jene über die mutmaßliche Vergewaltigung seien aber nicht gefallen. Er selbst habe Blancs offenbare „Lust am Herumexperimentieren mit Menschen“ als grenzwertig empfunden. Gonzalez glaubt, bei Julien Blanc auch die Freude an der Provokation gespürt zu haben. Als Marketingmaßnahme habe das Provozieren für ihn immerhin gut funktioniert – bislang zumindest.

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