Brandenburg: Prominenter Linkspolitiker rechnet mit Rot-Rot ab
Die Linkspartei gefährdet in Brandenburg selbst die Fortsetzung von Rot-Rot über 2014 hinaus - das sagt Wolfgang Neskovic, einer der prominentesten Linken im Bundestag. Er konstatiert eine magere eigene Bilanz und einen Profil- und Glaubwürdigkeitsverlust.
Die Linkspartei gefährdet in Brandenburg nach Ansicht des Lausitzer Linke-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Neskovic selbst die Fortsetzung von Rot-Rot über 2014 hinaus. Das geht aus einem Gastbeitrag hervor, den Neskovic in den Potsdamer Neuesten Nachrichten, dem Schwesternblatt des Tagesspiegels, veröffentlichte. Der 64-jährige frühere Bundesrichter, einer der prominentesten Linken im Bundestag, warnt jetzt in einer Analyse zur Bilanz von Rot-Rot nach drei Jahren. Es geht um die Anpassung an die SPD, die eigene magere Bilanz in der Koalition und den eingetretenen Profil- und Glaubwürdigkeitsverlust.
Der ganzseitige Namensbeitrag von Neskovic, der 2009 als Parteiloser für die Linken antrat, in der Lausitz direkt in den Bundestag gewählt wurde und gegen Widerstände des Landesverbandes 2013 eine erneute Kandidatur anstrebt, birgt Zündstoff. Am Samstag wollen Brandenburgs Linke auf einem Programmparteitag in Frankfurt (Oder) rot-rote Erfolge heraustellen, mit der Debatte zum Entwurf des neuen strategischen Leitbildes „Brandenburg 2020- plus“ ihr Profil schärfen. Doch nach der Neskovic-Analyse hat die Linke im Land kaum noch eins. „Ändert die Linke in Brandenburg nichts an ihrem Selbstverständnis in der Regierung, in dem sie selbstbewusst und nicht als bereitwilliger, alles verteidigender Juniorpartner auftritt“, schreibt er, dann werde es „auf absehbare Zeit“ die letzte Regierung mit Linke-Beteiligung im Land sein. Die SPD habe seit 2009 den Vorsprung von sechs auf 17 Prozentpunkte ausgebaut. „Sogar die CDU“ sei an der Linken vorbeigezogen. Aus seiner Sicht rächen sich die Kardinalfehler bei der Geburt von Rot-Rot. Die Linke habe im Koalitionsvertrag zu große Abstriche an eigenen Positionen gemacht, etwa in der Energie- und Braunkohlepolitik. Bei der Ressortverteilung habe sich die Linke „über den Tisch ziehen lassen“. Sie lenke kein einziges Ministerium, „das die Kernkompetenzen und das Profil der Partei widerspiegelt“, also Arbeit, Soziales, Bildung: „Dies entspräche etwa einem Kabinettszuschnitt, bei dem die Grünen in einer Regierung auf das Umweltressort verzichteten oder die FDP in einer Koalition nicht den Wirtschaftsminister stellen würde.“ Es sei ein „geschickter Schachzug der SPD“ gewesen, den Linken Umwelt und Wirtschaft zu geben – so einen parteiinternen Dauerkonflikt um die Energiepolitik zu setzen. Nach der Analyse von Neskovic stand die Linke seit 2009 zwar der SPD treu bei deren drei Ministerrücktritten zur Seite, inhaltlich aber hätten vor allem die SPD-Ministerien gepunktet – selbst mit Linke-Themen wie der Aufhebung der Residenzpflicht, dem Vergabegesetz.
Die Linke wiederum trage alles mit, ob in der Hochschulpolitik die Zwangsfusion von Lausitzer Hochschulen gegen den Rat von Experten und 42 000 Unterzeichnern der Volksinitiative oder die „schockierenden Entwicklungen um den Flughafen BER“, die durch zwei Linke-Aufsichtsratsmitglieder mitverantwortet würden, gemeint sind Finanzminister Helmuth Markov und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers. „Zur Aufklärung des Skandals trägt die Linke ebenfalls nichts bei. Sie fordert auch kaum Konsequenzen – weder für die Geschäftsführung noch für den Aufsichtsrat.“ Dabei müsse Brandenburg Hunderte Millionen Euro Zusatzkosten tragen, „Geld, das woanders für Umsetzung sozialer linker Politik fehlt“. Einzige Ausnahme sei Justizminister Volkmar Schöneburg, etwa bei der Amtsgerichtsreform oder der Rente mit 67, dies zeige, so Neskovic: „Es geht auch anders.“
Thorsten Metzner