Berliner Schulbau: Privatisierungsoffensive des Senats im Visier
Der Berliner Senat plant, den Schulbau teilweise an die Howoge auszulagern. Nun melden sich die FDP und Privatisierungsgegner zu Wort.
Abgesprochen hatten sie es nicht, die Marktliberalen und die Gegner kommunaler Privatisierungen. Die Einsätze von FDP und kritischen Bürgern im Streit um das milliardenschwere Schulbauprogramm waren am Freitag trotzdem optimal eingetaktet. Einerseits agitierten sie nacheinander und nicht zur selben Zeit. Andererseits bringen sie damit rechtzeitig eine Debatte in Schwung um ein Treffen, das am Montag zwischen dem Senat und Rat der Bürgermeister vereinbart ist. Dabei geht es um die Organisation des Schulbaus. Um die wird wegen geplanter Privatisierungen ohnehin gestritten.
Worum es geht? Um die Notlage der Berliner Bildungseinrichtungen, die nach zehn Jahren Sparpolitik so runtergewirtschaftet sind, dass das Land je nach Schätzung zwischen zwei und fünf Milliarden Euro in Sanierung und Neubau investieren muss. Die Probleme: Senat- und Bezirksverwaltungen fehlen Planer und Bauexperten, weil auch dieses Personal weggespart wurde. Außerdem hat Berlin trotz der Haushaltsüberschüsse nicht genug Geld, weil ab dem Jahr 2020 die „Schuldenbremse“ gilt, die Neuverschuldungen eigentlich nicht mehr zulässt.
Private sollen es richten
Zur Lösung beider Probleme hatte ausgerechnet der linkslastige Senat ein Privatisierungsmodell ausgeheckt, das fast schon von der FDP stammen könnte: Private sollen es richten, GmbHs. Diese sollten einerseits bei den Bezirken und – bei großen Sanierungsaufgaben ab zehn Millionen Euro – bei der ebenfalls privaten Howoge angesiedelt werden. Die Bezirks-GmbHs wurden im Sommer wieder abgeräumt, die private Schulbau-GmbH der Howoge nicht.
Die Howoge ist zwar eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft. Wenn die aber eine Tochter gründet, die Milliarden- Kredite bei Banken aufnehmen darf, muss das Land Berlin diese Schulden nicht im Haushalt abbilden. „Schattenhaushalt“ schimpfen die privatisierungskritischen Mitstreiter von Gerlinde Schermer, die mit dem „Wassertisch“ samt erfolgreichem Volksentscheid den Senat schon zum Rückkauf der Wasserbetriebe zwang.
FDP fordert "Infrastrukturgesellschaft Schule"
Begrüßt wird das Modell dagegen von der FPD, die allerdings findet, dass es auf halben Wege stehen bleibt. Deren Fraktionschef Sebastian Czaja fordert stattdessen eine „Infrastrukturgesellschaft Schule“ als hundertprozentige Tochter des Landes. Nur zehn Jahre solle diese arbeiten, versichert Czaja. Dass auch der „Soli“ zum Aufbau Ost nur wenige Jahre bestehen sollte, aber bis heute nicht abgeschafft ist, quittieren Czaja und seine Entourage mit Gelächter.
Ertappt? Jedenfalls sind die Gegner der Privatisierungsoffensive davon überzeugt, dass Sanierung und Neubau von Schulen in Berlin niemals in zehn Jahren abgeschlossen sein können. Zumal schon heute das Problem darin besteht, die bestehenden Haushaltsmittel überhaupt auszugeben. Nicht mal den landeseigenen Wohnungsbauunternehmen gelingt es, zügig Bauaufträge zu vergeben. Weil der Bau in Berlin boomt, sind die Firmen ausgelastet. Nur, weil eine neue Firma gegründet ist, werde sich das nicht ändern, warnen die Kritiker.
Ehemalige Schulleiterin sieht schulische Qualität bedroht
Die größte Gefahr sehen sie darin, dass bei einer Übertragung der Schulen und Grundstücke an die private Bau-Firma, diese dem Zugriff von Senat und Bezirken entzogen werden. Die FDP will das durch eine „Steuerungsgruppe“ in den Griff bekommen. Die Kontrolle der Geschäfte von Tochterfirmen durch das Parlament ist aber seit jeher schwer, wie nicht zuletzt das Beispiel der zusammengebrochenen Bankgesellschaft gezeigt hat.
Davor warnt auch die ehemalige Schulleiterin Hannelore Weimar: „Der Raum ist der dritte Pädagoge“. Dieser sei gefährdet, wenn er dem Diktat der Rentabilität einer privaten Firma unterworfen werde. Die Freiheit bei der Nutzung und Gestaltung der Räume seien in Gefahr und mit ihnen „schulische Inhalte und Qualität“.
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