Massenverkehr von Berlin nach Wittenberg: Press-Bahn setzt auf "Tokio-Pusher" beim Kirchentag
Zum Reformationsjubiläum lässt die Bahn alle zehn Minuten Züge von Berlin nach Wittenberg fahren. Falls es eng wird, stehen "Tokio-Pusher" bereit.
Das Berliner S-Bahn-Netz wächst auf einen Schlag um mehr als hundert Kilometer. Aber nur für einen Tag: Am 28. Mai, wenn zum Reformationsjubiläum in Wittenberg ein Festgottesdienst auf einer Wiese an der Elbe stattfindet und tausende von Besuchern erwartet werden, lässt die Bahn alle zehn Minuten einen Zug zwischen Berlin und Wittenberg fahren. Wie im S-Bahn-Takt.
"Unfassbar viele Züge"
„Unfassbar viele Züge“ werden dann zwischen beiden Städten unterwegs sein, sagte am Dienstag der Berliner Bahnchef Alexander Kaczmarek. Die jahrelangen Vorbereitungen seien jetzt abgeschlossen. Von früh morgens bis nach Mitternacht sind die Sonderzüge im Einsatz. Je nach Wagenzahl können pro Zug maximal etwa 920 Fahrgäste mitfahren. Abgestimmt auf die Zahl der Menschen, die in Wittenberg durch den einzigen Ausgang den Bahnsteig schnell verlassen können.
Den Fahrschein für 9,50 Euro für die einfache Fahrt oder hin und zurück für 19 Euro gibt es derzeit nur im Internet unter www.r2017.org/anreise. Fahrgäste müssen sich dabei festlegen, um welche Zeit sie fahren wollen. Auch so sollen die erwarteten Massen gesteuert werden.
Bis zu 200.000 Besucher werden erwartet
Die Veranstalter rechnen, abhängig auch vom Wetter, mit 100.000 bis 200.000 Besuchern, die zum Teil auch vom Kirchentag in Berlin kommen sollen. Dieser findet vom 24. bis 28. Mai statt. Bisher seien mehr als 10.000 Tickets verkauft worden, sagte Hartwig Bodmann, der Geschäftsführer der Organisation Reformationsjubiläum 2017.
Die Fahrt ist billiger als im Regionalexpress, in dem regulär für die einfache Strecke 15 Euro fällig werden. Am 28. Mai fallen die Regionalbahnen allerdings aus; im Fernverkehr streicht die Bahn die ICE-Fahrten von Berlin über Erfurt nach Frankfurt (Main). Fahren werden aber die ICE-Züge über Halle nach München.
"Tokio-Pusher" wegen voller Züge im Einsatz
Während sich die Fahrgäste nach Ansicht der Organisatoren bei der Anreise über mehrere Stunden verteilen werden, ist bei der Rückfahrt mit großem Andrang zu rechnen. Am Bahnhof im Wittenberg gebe es deshalb Warteflächen, von denen aus die Besucher dann zu den Zügen geleitet werden, sagte Bodmann. Vorsorglich stünden auch „Tokio-Pusher“ bereit, die nach japanischem Vorbild Fahrgäste in die Züge drücken können. Dazu werde es aber sicher nicht kommen, ist Kaczmarek überzeugt. Die Mitarbeiter stünden eher für Auskünfte bereit. Insgesamt setzt die Bahn rund 500 Leute ein.
Los geht die Fahrt am Südkreuz
Start und Ziel in Berlin ist der Bahnhof Südkreuz, für den man sich nach längerem Suchen entschieden habe, sagte Kaczmarek. Die Kapazität dort reiche aus – und der Bahnhof sei auch gut mit Regionalbahnen und vor allem mit der S-Bahn zu erreichen. Für den abendlichen Rückreiseverkehr werde die S-Bahn ihr Angebot verstärken, sagte Kaczmarek. Bereits einen Tag vorher ist die S-Bahn beim Fußball-Pokal-Endspiel im ausverkauften Olympiastadion gefordert.
Im Berliner Reformations-Sonderverkehr setzt die Bahn Doppelstockwagen ein, die sie sich auch aus anderen Bundesländern beschaffen wird. Mit Personal. Die Wagen müssen am nächsten Tag zum Berufsverkehr aber wieder auf ihren Stammstrecken sein.
Weil das Programm in Wittenberg bereits am Sonnabend starte, haben die Veranstalter auch für diesen Tag nach Bodmanns Angaben insgesamt zehn Sonderzüge aus Berlin bestellt. Auch aus anderen Städten gibt es Pendelverkehre zum Festgottesdienst.
Wittenberg hat seit kurzem einen grünen Bahnhof
In Wittenberg kommen die Züge aus Berlin im neuen Hauptbahnhof an, der als „grüne Station“ gebaut worden ist. Zur drei Kilometer entfernten Festwiese ist dann ein knapp einstündiger Fußmarsch erforderlich. Weil auf dem Gelände kein sperriges Gepäck mitgenommen werden darf, gibt es am Bahnhof Südkreuz eine Gepäckaufbewahrung. Und am Bahnhof werden dann auch noch Fahrkarten verkauft – für alle, die mit dem Erwerb im Internet nicht so einfach zurecht kämen, wie Bodmann sagte. Und ganz unabhängig von der Konfession.