Undercoveragent Mark Kennedy: Polizeispitzel aus England in Berlins linker Szene
Mark Kennedy soll bei linken Blockaden rund um den G-8-Gipfel 2007 dabei gewesen sein. In Berlin war der Spitzel offenbar an einer Aktion beteiligt, bei der Flaschen auf Polizisten flogen.
Der Vorwurf wiegt schwer: Ein verdeckter Ermittler aus Großbritannien soll nicht nur acht Jahre lang in der linken Szene seiner Heimat aktiv gewesen sein, sondern auch in Deutschland gespitzelt haben. So habe sich der heute 41-jährige Mark Kennedy rund um den G-8-Gipfel im Juni 2007 in Heiligendamm und in Berlin an Aktionen beteiligt, heißt es in britischen Medien und aus der linken Szene Berlins. Nach Tagesspiegel-Informationen soll Kennedy am 8. Juni 2007 an einer Blockade des Rosenthaler Platzes beteiligt gewesen sein. Diese Aktion hatten G-8-Gegner für den Rückweg von Heiligendamm nach Berlin geplant. Bei der unangemeldeten Demonstration vom Hackeschen Markt zum Rosenthaler Platz flogen Flaschen auf Polizisten.
Mit Blick auf einen der Protesttage in Heiligendamm wird Kennedy in der britischen Zeitung „Daily Mail“ wie folgt zitiert: „Während des Gipfels wollte die Polizei die Masse stürmen, ich aber wusste, dass sich die Leute für diesen Fall verteilen wollten. Diese Information schickte ich weiter, und der Einsatz wurde abgeblasen.“ Kennedys britischer Führungsbeamter soll durch das präparierte Mobiltelefon des Spitzels permanent gewusst haben, wo sich der verdeckte Ermittler aufhält. Außerdem soll dieser täglich via SMS berichtet haben – auch aus den Protestcamps rund um Heiligendamm.
In Berlin soll sich der Mann unbestätigten Angaben aus der linksradikalen Szene zufolge für militante Aktionen gegen Neonazis angeboten haben. In Antifa-Gruppen der Stadt hört man sich nach möglicherweise noch nicht bekannt gewordenen Aktivitäten des Agenten um.
Das Bundesinnenministerium äußerte sich auf Nachfrage nicht zu Kennedy. „Der Bundesregierung liegen jedoch keine Anhaltspunkte über Verstöße gegen internationale Vereinbarungen vor“, sagte ein Sprecher. Verdeckte Ermittler dürfen mindestens innerhalb der Europäischen Union ins Ausland reisen, müssen dort aber angekündigt werden. Sicherheitsexperten sagten am Dienstag, dass der Brite den deutschen Behörden gemeldet worden war – so soll das Berliner Landeskriminalamt (LKA) gewusst haben, dass ein britischer Undercoveragent unter hiesigen Linken umherreist.
Das LKA wird sich demnächst dazu äußern. Das Polizeigesetz erlaubt den Einsatz deutscher verdeckter Ermittler zur Gefahrenabwehr. „Allerdings hat ein ausländischer Beamter in Deutschland keine polizeilichen Befugnisse“, sagte der Berliner Rechtsanwalt Alain Mundt, der 2007 die G-8-Gipfel-Gegner vertreten hatte. Sollte Kennedys Einsatz auch zur Provokation von Straftaten geführt und sich so auf etwaige Demonstrationsverbote ausgewirkt haben, müsste dies umgehend aufgeklärt werden.
Das könnte die Verhandlung gegen das Verbot des Sternmarsches beeinflussen, die an diesem Mittwoch in Schwerin beginnt: Der Sternmarsch war während des G-8-Gipfels wegen erwarteter Ausschreitungen untersagt worden. Der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne) will nun in einer Anfrage an die Bundesregierung wissen, welche Erkenntnisse sie über Kennedys „verdeckte oder geheimdienstliche Tätigkeiten für deutsche Sicherheitsbehörden oder für eine fremde Macht (Großbritannien)“ hat. Und ob sie etwas über die „Provokation von Gewalttätigkeiten“ oder „Begehung von Straftaten“ wisse.
Kennedy soll eigenen Angaben zufolge zusätzlich zu seinem Beamtengehalt bis zu 240.000 Euro jährlich für seine Spitzeldienste erhalten haben. Laut „Daily Mail“ habe er außerdem Informationen über Umweltschützer an den Energiekonzern Eon verkauft. Der verdeckte Ermittler, der seit 2003 beim britischen Staatsschutz arbeitet, ist abgetaucht.
Das baden-württembergische Innenministerium hatte kürzlich den Einsatz eines Spitzels des dortigen LKA unter Linken zugegeben. Der Beamte mit Decknamen Simon Brenner war nach neun Monaten im Dezember enttarnt worden.
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