Gewalt am Lageso in Berlin: Video: Sicherheitskräfte schlagen auf Flüchtlinge ein
Ein dem Tagesspiegel zugespieltes Video zeigt das harte Vorgehen von Sicherheitskräften gegen Flüchtlinge am Lageso. Ein weiterer Clip deutet darauf hin: Die Nerven liegen blank.
Auf einmal kam es zu Gewalt: Am Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) haben am Donnerstagvormittag Sicherheitskräfte Flüchtlinge geschlagen. Das ist auf einer kurzen Videosequenz zu sehen, die dem Tagesspiegel vorliegt. Was sich vorher und nachher ereignete, ist unbekannt.
Zu sehen ist, wie Flüchtlinge eine Absperrung durchbrechen und daraufhin von drei Sicherheitsmitarbeitern hart attackiert werden. Einer von ihnen prügelt weiter auf einen Mann ein, der bereits auf dem Boden liegt und seine Hände schützend über den Kopf hebt.
Das Lageso bestätigte, dass es einen Vorfall gegeben habe. „Ich war entsetzt, als ich diese Bilder gesehen habe“, sagte Behördenchef Franz Allert, als er mit dem Video konfrontiert wurde. „Wir haben die Sicherheitsfirma bereits aufgefordert, umgehend zu dem Vorfall Stellung zu nehmen.“
Ein Vertreter der betroffenen Firma Spysec sagte dem Tagesspiegel, es würden interne Ermittlungen geführt. Bis diese abgeschlossen seien, würden die beteiligten Mitarbeiter vom Dienst ausgeschlossen. Die Polizei ermittelt wegen „wechselseitiger Körperverletzung“, offenbar hatten sich die Beteiligten gegenseitig angezeigt.
Kritik an den Sicherheitskräften
Christiane Beckmann von der Initiative „Moabit hilft“ kritisierte die Sicherheitskräfte: „Vor allem die neueren Mitarbeiter gehen schlecht mit den Menschen um und treiben sie wie Vieh über das Gelände.“ Sie will die Sicherheitsleute jedoch nicht pauschal verurteilen; unter ihnen seien auch viele engagierte.
„Manche übersetzen für die Asylsuchenden oder helfen ihnen mit den Formularen, obwohl sie das ja gar nicht machen müssen.“ Beckmann kennt den jüngsten Vorfall nur vom Hörensagen. Laut ihren Quellen seien anwesende Pressefotografen beim Filmen der Schlägerei von Sicherheitsmitarbeitern bedroht worden.
Grundsätzlich sieht sie das Lageso in der Verantwortung. Die Behörde komme trotz anderslautender Aussagen nach wie vor mit der Bearbeitung nicht hinterher, sodass sich bei den Anträgen ein Rückstau bilde. „Stellen Sie sich mal vor, sie wollen ihren Reisepass verlängern und stehen drei Tage lang je zwölf Stunden in einer Schlange, ohne dass etwas passiert“, sagte Beckmann.
Auch der Piraten-Abgeordnete Christopher Lauer sieht den Senat in der Pflicht, die Umstände am Lageso zu verbessern. „Innensenator Mario Czaja ist für jeden Gewaltvorfall indirekt mitverantwortlich. Er hatte genug Zeit, die Registrierung in den Griff zu bekommen.“ Stattdessen könne das Lageso täglich noch immer nur 150 Asylsuchende abfertigen – viel zu wenig angesichts das Andrangs.
Kennzeichnungspflicht für Sicherheitsdienste
Lauer forderte zudem eine Kennzeichnungspflicht für private Sicherheitsdienste, wie sie bei der Polizei üblich ist. „Die Kennzeichnung hat sich bewährt“, sagte der Innenpolitiker. „Es ist ein Trauerspiel, dass das Land Berlin nicht in der Lage ist, mit eigenem Personal für Sicherheit zu sorgen.“
Wenn man schon auf Private zurückgreifen müsse, sollten diese wenigstens identifizierbar sein, um eventuelle Vorfälle nachvollziehbar zu machen. Die Piratenfraktion arbeite bereits an einem entsprechenden Antrag. Benedikt Lux (Grüne) sagte: „Bei privaten Sicherheitsdiensten arbeiten mitunter zweifelhafte Personen. Die sollten nicht vor dem Lageso eingesetzt werden.“
Christiane Beckmann von „Moabit hilft“ geht davon aus, dass das vorherrschende Gefühl bei den Betroffenen nicht Frust sei, sondern Verzweiflung. Die entlade sich bisweilen auch in Aggressivität. Angesichts der Umstände gehe es auf dem Gelände in Moabit jedoch relativ friedlich zu. „Ich bin ehrlich gesagt erstaunt, dass so wenig passiert“, sagte Beckmann.
"Mach die Scheiß-Kamera aus!"
Unterdessen ist bei Facebook ein weiteres Video aufgetaucht, das die Anspannung unter den Sicherheitskräften verdeutlicht. Schläge sind hier nicht zu sehen. Die kurze Sequenz zeigt aber, wie ein Mann gestikulierend auf einen weiteren Mann einredet, offenbar ein Flüchtling. "Mach die Scheiß-Kamera aus!", ruft ein anderer Mitarbeiter, als er erblickt, dass jemand die Sicherheitsleute dabei filmt. Erregt eilt er auf den Kameramann zu. Dann endet der Clip.