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In der Not allein? Die Polizei ruft Augenzeugen des Angriffs im U-Bahnhof Lichtenberg dazu auf, sich zu melden.
© dpa

Überfall am Bahnhof Lichtenberg: U-Bahn-Schläger jagten zweites Opfer

Der Zustand des 30-Jährigen, der am vergangenen Freitag auf dem U-Bahnhof Lichtenberg ins Koma geprügelt wurde, bleibt lebensbedrohlich. Der Kollege des Schwerverletzten stand laut Polizei unter Schock und flüchtete.

Der Zustand des 30-Jährigen, der am vergangenen Freitag auf dem U-Bahnhof Lichtenberg ins Koma geprügelt wurde, ist weiter lebensbedrohlich. „Der Patient befindet sich im künstlichen Koma. Wir erwarten in den nächsten Tagen keine Änderung“, sagte ein Sprecher des Unfallkrankenhauses in Marzahn. Dort liegt das Opfer mit massiven Gehirnverletzungen auf der Intensivstation. Weitere Angaben zu dem Schwerverletzten machten weder die Polizei noch das Krankenhaus.

Indes wurde bekannt, dass der Begleiter des Opfers, ein ebenfalls 30-jähriger Malergeselle, von den Angreifern quer durch den Bahnhof verfolgt wurde. Der Angegriffene soll zuvor versucht haben, seinem am Boden liegenden Kollegen zu helfen. Zweimal habe er sich vor den Verfolgern versteckt, so die Mordkommission – doch die Tatverdächtigen hätten ihn jedes Mal entdeckt und weiter auf ihn eingeschlagen. „Er stand so unter Schock, dass er nicht die Polizei gerufen hat“, sagte ein Ermittler. Erst als ein Unbekannter laut Staatsanwaltschaft „sehr couragiert eingriff“ und die Verfolger ansprach, ließen sie von ihrem Opfer ab. Die Polizei bittet den Retter und andere Passanten jetzt, sich dringend als Zeugen zu melden.

Die vier tatverdächtigen Jugendlichen – drei 17-Jährige und ein 14-Jähriger – sitzen in Untersuchungshaft. Wegen der Schwere der Tat muss auch der jüngste Verdächtige in U-Haft bleiben. Die Behauptung der Beschuldigten, sie seien von den späteren Opfern mit „Sieg Heil“-Sprüchen provoziert worden, soll einer der Jugendlichen wieder zurückgenommen haben. „Das war eine Schutzbehauptung, die sie vorher abgesprochen hatten“, sagte ein Ermittler. Wie berichtet, hatten es die Tatverdächtigen auf die Wertsachen der beiden Maler abgesehen. Obwohl es laut Polizei mehrere Tatzeugen des Angriffs gegeben haben soll, die aber nichts unternahmen, wird derzeit nicht wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt. Da ein Notruf bei der Zentrale eingegangen war (siehe Text rechts), könne man nicht sagen, dass gar nicht geholfen wurde. Strafrechtlich könne man niemanden belangen, erklärte ein Ermittler. Die Polizei bestätigte am Donnerstag auch, dass ein Passant die zuvor geraubte Jacke des Opfers im Bahnhof gefunden und einfach mitgenommen habe.

Vor der Rathausschule in Lichtenberg, auf die zwei der Tatverdächtigen gingen, reagierten Schüler am Donnerstag aggressiv auf die Fragen der zahlreichen Journalisten. „Natürlich ist der Fall ein Riesenthema bei den Schülern“, sagte Schulleiterin Petra Jäger, die sich aber auf Nachfrage nicht näher dazu äußern wollte. Nicht nur ihre Schule sei schließlich betroffen, sagte sie; zwei der mutmaßlichen Täter besuchen andere Schulen im Bezirk. Am Mittwochabend versuchte die Neonaziszene den Angriff für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Unter „Ausländer raus“-Rufen marschierten gegen 20.15 Uhr rund 30 vermummte Rechtsextremisten mit Fackeln durch die Lichtenberger Weitlingstraße. Als die Polizei eintraf, hatte sich der unangemeldete Aufzug bereits aufgelöst. Für Freitagabend hat die rechtsextreme NPD eine Mahnwache am S-Bahnhof angemeldet.

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