Verkehrskontrollen zum Schulbeginn: Polizei erwischt fast 6000 Raser rund um Berlins Schulen
Obwohl Kontrollen angekündigt waren, stellte die Polizei tausende Verstöße fest. Die Verkehrssenatorin fordert härtere Strafen für Raser und Falschparker.
Zwei Wochen nach Schulbeginn in Berlin hat die Polizei ihre Bilanz der Verkehrskontrollen rund um Schulen vorgestellt. Das Ergebnis ist erschreckend: Insgesamt seien 8479 Autofahrer und 2960 Radfahrer angehalten und angesprochen worden. Dabei sind offenbar etliche Verkehrsdelikte festgestellt worden.
In einer Pressemitteilung schreibt die Polizei: "Trotz der im Vorfeld angekündigten Kontrollen sind auf Straßen, in denen wegen der vielen anzutreffenden Kinder besonders vorsichtig hätte gefahren werden müssen, insgesamt 5856 Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt worden."
Doch auch Eltern hätten ihre eigenen Kinder unzureichend geschützt, teilte die Polizei mit. Demnach hätten viele ihre Kinder nicht vorschriftsmäßig gesichert. "In 159 Fällen waren die Verstöße so drastisch, dass Anzeigen gefertigt werden mussten." Eine weitere Gefährdung gerade für jüngere Schüler stellen Falschparker dar. Auch hier stellte die Polizei zahlreiche Verstöße fest, insgesamt seien es "unmittelbar vor Schulen" 2305 Halt- und Parkverstöße gewesen.
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Zusätzlich kam es zu weiteren Verstößen: 76 Auto-, Motorrad- und Lkw-Fahrer sollen rote Ampeln missachtet haben, ebenso weitere 30 Fußgänger. 41 Fahrzeuge wurden gestoppt, weil deren Fahrer Fußgängerübergänge nicht beachteten. Zudem wurden 27 Strafanzeigen wegen fehlender Fahrerlaubnis gestellt, zwölf Personen seien bei Kontrollen zudem alkoholisiert gewesen oder hätten unter dem Einfluss von Drogen gestanden.
Negative Höhepunkte aus Sicht der Polizei: Ein Beamter ist bei der Kontrolle eines Radfahrers auf dem Gehweg verletzt worden.
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Oliver Frederici, verkehrspolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, spricht angesichts der Bilanz von "Wild-West-Methoden". Seine Forderung: "Die Polizei muss mehr, härter und konzertierter kontrollieren", sagt er. Wenn die Polizei bei Demonstrationen mit tausenden Beamten im Einsatz sei, müsse dies auch vor Berlins Schulen möglich sein.
In diesem Jahr bereits 39 Verkehrstote
Auch die Eltern, die ihre Kinder häufig direkt vor der Schule mit dem Auto absetzen würden, sieht er in der Verantwortung. Notfalls müsse man Straßen vor Schulen für den Verkehr schließen. Angesichts von bereits 39 Verkehrstoten auf Berlins Straßen in diesem Jahr müssten die schwächsten Verkehrsteilnehmer besser geschützt werden: "Die Opfer sind immer Kinder und Radfahrer."
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Dieser Forderung schloss sich auch der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion, Kristian Ronneburg, an. "Es zeigt sich seit Jahren keine Verbesserung der Verkehrssicherheit", kritisierte er und forderte eine verbesserte Infrastruktur und dauerhafte Kontrollen von Polizei und Ordnungsämtern. "Vor allem an Hotspots muss so lange kontrolliert werden, bis es spürbare Verbesserungen gibt", sagte Ronneburg.
Günther will mit Innensenator über mehr Polizeikontrollen sprechen
Dieses Ziel verfolgt offenbar auch die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne). Angesichts der Bilanz der Polizei zu den Schwerpunktkontrollen zum Schulbeginn sei sie sehr besorgt. "Das kann so nicht bleiben", sagte sie dem Tagesspiegel. Sie wolle deshalb ein Gespräch mit dem Innensenator suchen, um zu beraten, wie künftig mehr und wirksamere Verkehrskontrollen durch die Polizei Berlin möglich sind. "Für mehr Verkehrssicherheit sind drei Dinge entscheidend – eine verbesserte Infrastruktur, der verpflichtende Einsatz moderner Technik und drittens strengere Gesetze samt konsequenter Überwachung. Wir brauchen deutlich härtere Strafen bei Regelverstößen, gerade für Geschwindigkeitsüberschreitungen oder für Falschparken", sagte Günther.
Die Polizei kündigte an, die Schulwege auch im weiteren Jahresverlauf im Auge zu behalten. Einen Strategiewechsel, so ein Sprecher der Polizei, solle es vorerst aber nicht geben.
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version stand in der Überschrift "Polizei erwischt 6000 Raser rund um Berlins Schulen". Wir haben den Titel um das Wort "fast" ergänzt, weil die Zahl von 5865 aufgerundet ist.