RAW-Gelände in Berlin-Friedrichshain: Jennifer-Rostock-Sängerin berichtet von Messerattacke durch Taschendiebe
Ein Freund der Sängerin Jennifer Weist ist am frühen Sonntagmorgen am RAW-Gelände Opfer eines Messerangriffs geworden. Nur kurz zuvor waren zwei holländische Touristen zusammenschlagen worden. Ein Mieter spricht von einem "gesetzlosen Raum".
Nach der brutalen Attacke auf zwei holländische Touristen auf der Revaler Straße ist nun eine zweite Gewalttat vom Wochenende aus dem Partykiez bekannt geworden. Jennifer Weist, Frontfrau der Band Jennifer Rostock, veröffentlichte auf ihrer Facebook-Seite ein Foto eines Freundes, der von Unbekannten mit einem Messer schwer am Hals verletzt wurde.
Die 28-Jährige war am Sonnabend im Astra an der Ecke von Revaler Straße und Warschauer Straße feiern. Nachdem sie den Club gegen 4.45 Uhr verlassen hatte, versuchten Taschendiebe ihre Brieftasche zu entwenden. Ein Begleiter wollte ihr helfen, doch die Diebe bekamen Verstärkung. Es kam zu einem Gerangel, einer zückte ein Messer, stach dem Freund der Musikerin in den Hals.
Die Polizei bestätigte den Angriff am Dienstagmorgen auf Anfrage. Die Diebe hätten Weist und ihren Begleiter zunächst "angetanzt", sagte ein Sprecher. Das sei eine übliche Masche, um jemanden abzulenken und ihm in die Tasche zu greifen. In der Gegend seien immer wieder Grüppchen von Kriminellen aktiv. Taschendiebstähle und Überfälle häuften sich, weil viele Touristen und Partygäste unterwegs seien. Um organisierte Kriminalität handelt es sich nach Einschätzung der Polizei aber nicht.
Weist schilderte den Vorfall bei Facebook. Demnach hätten "zwei kleine Jungs" die Brieftasche aus ihrer Gürteltasche stehlen wollen. Sie habe den Versuch aber rechtzeitig bemerkt, schrieb Weist. Ihr Freund habe einen der beiden weggeschubst, wobei der Dieb ihrem Begleiter die Kette vom Hals gerissen habe.
Das ließ dieser sich nicht gefallen. Wie Weist berichtet, versuchte er seine Kette zurückzubekommen. Doch "drei andere Typen von der anderen Straßenseite" seien dazugestoßen. Weist habe um Hilfe gerufen. Zwei Passanten seien eingeschritten, hätten aber nicht mehr verhindern können, dass einer der fünf Angreifer ihrem Freund mit einem Messer in den Hals stach.
"Es fehlten nur ein paar Millimeter"
Bei ihm sei die Schlagader freigelegt gewesen. "Es fehlten nur ein paar Millimeter, und er wäre direkt auf der Straße in meinen Armen gestorben", schilderte die Sängerin die Folgen der Attacke. "Meine Begleitung war weder aggressiv, noch hatte er vor einen von ihnen zu schlagen." Weist selbst sei nicht verletzt worden. Nach Polizeiangaben handelte es sich bei der Verletzung um eine Schnittwunde, die ambulant im Krankenhaus versorgt werden konnte.
Der Vorfall erinnert stark an einen anderen Übergriff auf zwei holländische Touristen, der in den letzten Tagen Aufsehen erregt hatte. Er ereignete sich nur anderthalb Stunden vorher ebenfalls an der Revaler Straße. Es ging auch um eine Kleinigkeit und artete brutal aus. Taschendiebe wollten einem der beiden Touristen das Portemonnaie stehlen, wurden von den Männern jedoch gestellt. Einer der Täter rief daraufhin Verstärkung. 15 Personen schlugen die 19-jährigen Holländer schließlich zusammen und verschwanden unerkannt. Die Polizei prüft einen Zusammenhang.
Jennifer Weist warnt vor Diebesbande
Jennifer Weist nimmt den versuchten Diebstahl und den Angriff auf ihren Freund zum Anlass, um vor Taschendieben im Bereich von Revaler und Warschauer Straße zu warnen. Dort sei "eine große Bande unterwegs". Sie selbst habe nach dem Übergriff zusammen mit der Polizei "alle möglichen Gassen" nach den Tätern abgesucht und habe "viele andere" Menschen getroffen, die bestohlen oder verletzt worden seien.
"Seid vorsichtig auf dem RAW-Gelände", schrieb Weist, "geht dort am besten, wenn es dunkel ist, nicht alleine lang. Diese Leute sind wahnsinnig gefährlich und schrecken nicht davor zurück für eine beschissene Kette zu töten." Weists Facebook-Eintrag wurde binnen weniger Stunden mehr als 35.000 Mal geteilt.
Mieter verweist auf konkurrierende Drogengangs
Auch Holger Werner, der Sprecher des Vereins "Clof", der zwei Gebäude auf dem Gelände mietet, warnt vor den Banden. Seiner Ansicht nach teilen sich zwei konkurrierende Gangs den Drogenhandel im Kiez und würden auch vor Gewalttaten nicht zurückschrecken. Polizei und private Sicherheitsanbieter seien mit der Situation überfordert, weswegen das Gelände zu einem "gesetzlosen Raum" verkommen sei.
Das RAW-Gelände an der Revaler Straße ist nach dem ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk benannt. Bis Mitte der 90er Jahre wurden dort noch Züge repariert. Seitdem hielten Kreative und Clubs Einzug. Heute gehört es zu den wichtigsten Party-Hotspots der Stadt und fehlt in keinem Touristenführer.