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Der 1. Mai ist nicht der einzige Großkampftag für die Berliner Polizei.
© Michael Kappeler/dpa

Kirchentag, Turnfest und Terrorangst: Gewerkschaft: 1,2 Millionen Überstunden bei Berliner Polizei

Terrorgefahr und Großveranstaltungen beanspruchen die Berliner Polizei. Die Gewerkschaft der Polizei fordert, die Zahl der Beamten kräftig zu erhöhen.

Kirchentag mit einem Besuch von Barack Obama, Turnfest, Bundestagswahl und der G20 Gipfel, bei dem möglicherweise der US-Präsident Donald Trump in Berlin absteigt - und das alles im Schatten des Attentats am Breitscheidplatz in Berlin sowie mehrerer Anschläge in Europa.

Das Jahr 2017 ist ein Großkampfjahr für die Berliner Polizei. Neben den alljährlichen Einsätzen zu Silvester, dem Berlin Marathon, dem ersten Mai und dem Karneval der Kulturen müssen die Beamten noch mehr Belastungen stemmen - allerdings mit derselben Personaldecke wie sonst auch. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert seit Jahren fehlendes Personal und die wachsende Zahl der Überstunden.

In Berlin liegt die Zahl der zusätzlich geleisteten Stunden seit Jahren bei knapp unter einer Million. Nach Einschätzung der GdP könnte sich die Zahl der Überstunden aber auch in Berlin erhöht haben, und zwar auf 1,2 Millionen im Jahr 2016 - Tendenz steigend.

Den größten Teil der Überstunden leistet die Bereitschaftspolizei, die durch Staatsbesuche, Demonstrationen und Fußballspiele stark gefordert ist. Polizisten können sich die Überstunden nach einem Jahr auszahlen lassen, wovon nach Angaben der GdP Hundertschaftspolizisten gerne Gebrauch machen. Allerdings verlangt die Behörde, dass die Überstunden möglichst abgebummelt werden. 2014 gab das Präsidium fünf Millionen Euro für Überstunden aus, eine neuere Zahl lag am Montag nicht vor. Die Summe entspricht geschätzt 250.000 Stunden.

Für Großveranstaltungen bekommt die Berliner Polizei zwar Unterstützung aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei - das derzeit stattfindende einwöchige Turnfest aber bestreiten die Hauptstadtbeamten alleine, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Man sei auf solche Einsätze vorbereitet und plane dafür, heißt es. In einem offenen Brief hatte sich allerdings vergangenes Jahr die Ehefrau eines Polizisten an Polizeipräsident Klaus Kandt gewandt. „Ihre Erwartungen zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes gehen auf Kosten der Gesundheit und des Familienlebens Ihrer Dienstkräfte. Überstunden und Dienstplanänderungen sind keine Ausnahme, sie sind die Regel", hieß es dort.

Erhöhte Sicherheitslage fordert Einsatz von mehr Beamten

Die Sicherheitslage ist nicht zuletzt wegen des Anschlages auf den Breitscheidplatz im Dezember vergangenes Jahres angespannter als früher. Das bedeutet, dass noch mehr Beamte die Großveranstaltungen sichern. Am 1. Mai zog die Polizei eine extra Sperrzone für alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen und richtete innerhalb des Sperrkreises außerdem eine rote Zone ein, in der schärfer kontrolliert wurde. "Mehr Straßensperren erfordern mehr Polizisten, die diese durchführen und absichern müssen", sagt Benjamin Jendro, Pressesprecher der GdP.

Auch beim Karneval der Kulturen am vergangenen Wochenende gab es zusätzliche Maßnahmen. Vor allem durch vorgelagerte Straßensperren und eine erhöhte Zahl an Einsatzkräften sollten Attacken wie in London vermieden werden. Im Februar dieses Jahres war sogar noch eine Absage des Festes aufgrund der Sicherheitsbedenken erwogen worden.

"Berlin wächst jedes Jahr, Demos und Veranstaltungen nehmen zu und der Personalkörper der Polizei ist seit 15 Jahren nahezu gleich geblieben", sagt Jendro. Dieser Trend würde sich so schnell nicht umkehren, meint der Sprecher. Für die GdP ist die einzig nachhaltige Option, mehr Beamte einzustellen, um die Polizisten zu entlasten und den Überstundenberg abzubauen.

Wegen der Überstunden und der anstehenden Pensionierungswelle fordert die Gewerkschaft die Einstellung von 3000 neuen Polizisten in Berlin. Derzeit sind zwar 2300 junge Polizeischüler in Ausbildung, von denen werden aber nur schätzungsweise 1800 in Berlin tatsächlich Polizisten. Der Rest bricht die Ausbildung ab oder wechselt in ein anderes  Bundesland.

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