Baustellen in Berlin: Gefährliche Radwege kann man jetzt melden
Baustellenbeschilderungen sind oft gefährlich, unsinnig und regelwidrig. Der Senat will das ändern - und bittet dafür um Hinweise per Mail und Smartphone.
"Radfahrer sollen sicher und ohne Zwang zum Absteigen an Baustellen vorbeigeführt werden; dabei sind ihnen keine größeren Einschränkungen zuzumuten als anderen Verkehrsteilnehmern." So steht es in der vom Senat beschlossenen Radverkehrsstrategie. Tatsächlich werden allerdings viele Baustellen so beschildert, dass nur die Wahl zwischen Lachen und Weinen bleibt - und keine Chance, sich vorschriftsmäßig zu verhalten: Mal werden Radfahrer auf den Gehweg gezwungen, wo sie die Fußgänger gefährden, mal werden sie einfach per Sperrschild ganz verboten, mal werden provisorische Markierungen geradewegs in Absperrbaken und Baugruben hinein auf den Boden geklebt.
Baustellen auf öffentlicher Verkehrsfläche bedürfen der Genehmigung durch die Verkehrsbehörde. Abweichend von dieser Regel findet §315 StGB Anwendung. Die verkehrsbehördliche Anordnung ist verbindlich und kann nur richtig sein. Ist sie falsch, so ist die Verkehrsbehörde automatisch inkompetent.
schreibt NutzerIn ThomasBS
In vielen Fällen sind die Baufirmen für solchen gefährlichen Unsinn verantwortlich, der im Fall eines Unfalls vom bloßen Ärgernis zur existenziellen Haftungsfrage werden kann.
Die vom nahenden Fahrrad-Volksentscheid getriebene Stadtentwicklungsverwaltung will nun Anspruch und Wirklichkeit näher zueinander bringen: Mehr als drei Jahre nach Neuauflage der Radverkehrsstrategie kündigte sie am Donnerstag an, dass Mängel und Gefahren an Baustellen ab sofort per Mail an die Verkehrslenkung gemeldet werden können: Unter Rad+Baustelle@senstadtum.berlin.de bittet die Behörde um Hinweise - nämlich eine kurze Beschreibung des Problems, ein Foto und die Lage der Baustelle. Letztere kann per Smartphone über die Funktion "Standort ermitteln" automatisch mit der Mail gesendet werden. Nutzerdaten würden nicht erfasst, teilt die Verwaltung mit.
Die Verkehrslenkung soll das Problem zunächst prüfen und entweder "im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeit für Baustellen auf Hauptverkehrsstraßen selbst tätig werden" oder den Hinweis ans zuständige Bezirksamt weiterleiten und die Hinweisgeber darüber informieren.
Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) war in den vergangenen Wochen auf Twitter von Radfahrern wegen der Probleme mehrfach scharf kritisiert worden. Auch beim Tagesspiegel gehen fast täglich Hinweise von Lesern ein. Der neueste Fall stammt von der Kreuzung Kurfürstenstraße / Keithstraße an der Grenze von Mitte zu Tempelhof-Schöneberg: Auf der Nordseite der Kreuzung (also in Mitte) wurde der nur noch rudimentär vorhandene Gehweg-Radweg baustellenbedingt mit gelben Streifen neu markiert - inklusive Baugrubenquerung.
Noch absurder war die Beschilderung an der Karl-Marx-Allee vor dem Kino International: Erst führte die Baustellenmarkierung direkt in eine massive Sperrbake. Dann wurde neu markiert – mit Sperrschild auf der Fahrbahn und Schwenk zum Gehweg, der aber für Radfahrer ebenfalls verboten ist.