Prügel-Opfer aus Koma erwacht: "Er hat sich und uns wiedererkannt"
Rund vier Wochen ist es her, dass Marcel R. auf dem U-Bahnhof Lichtenberg von vier Jugendlichen ins Koma geprügelt wurde. Nun ist er erwacht: Doch die Folgen sind noch nicht abzusehen.
Als er die Schläuche und Kanülen in seinem Körper spürte, war der 30-Jährige offenbar erst einmal so verwirrt, dass er sie sich vom Leib reißen wollte. Das berichtet der Schwager des Opfers, Roger de Graaf, dem Tagesspiegel. Langsam und über mehrere Tage holten ihn die Ärzte, die ihn ins künstliche Koma versetzt hatten, aus dem Tiefschlaf. „Er hat uns gefragt, was das hier soll und warum er hier liegt", erzählt der Schwager. „Aber immerhin hat er sich selbst und uns auch erkannt. Das ist schon mal sehr positiv." Das Sprechen, eher ein Flüstern, sei noch sehr anstrengend. Die Worte kämen noch sehr undeutlich über die Lippen, „aber aufgrund der Mundbewegung können wir vieles erahnen", sagt er. Das linke Bein und den linken Arm könne er bereits bewegen, anders aber sieht es offenbar auf der rechten Körperseite aus. „Die rechte Seite ist stärker in Mitleidenschaft gezogen", sagt der Schwager.
Seit dem brutalen Überfall von vier Jugendlichen auf Marcel R. am 11. Februar kümmern sich die Angehörigen – insbesondere die Schwester, der Schwager und die Mutter des Opfers – abwechselnd um den Maler-Gesellen und fahren regelmäßig ins Unfall-Krankenhaus Berlin Marzahn (UKB). Momentan verschonen sie ihn noch mit den wahren Gründen, die dazu führten, dass er wochenlang auf der Intensivstation im künstlichen Koma lag. An die Tat erinnert er sich momentan nicht. „Wir sagen ihm derzeit, dass er gestürzt sei und eine schwere Kopfverletzung hatte, die operiert werden musste", berichtet Roger de Graaf. „Alles andere wäre viel zuviel für ihn.“
Dann nämlich würde er erfahren, dass er am Abend des 11. Februars mit seinem Arbeitskollegen Steffen O. (30) nach einem Feierabend-Bier auf dem Weg nach Hause war. Auf dem Bahnhof Lichtenberg stießen die beiden Männer auf vier Jugendliche. Offenbar ohne Anlass prügelten und traten diese brutal auf Marcel R. ein, bis er besinnungslos am Boden liegen blieb. Sie raubten ihm sein Handy. Auch Steffen O. war verprügelt worden. Er konnte jedoch flüchten. Die vier Angreifer verfolgten ihn bis nach draußen vor den Bahnhof. Erst als ein Autofahrer, der zu einem Rocker-Club gehört, einschritt und Steffen O. zur Hilfe kam, ließen die mutmaßlichen Täter von ihm ab und flüchteten. Doch bereits wenige Tage später konnte die Polizei die Tatverdächtigen mit Hilfe von Bildern aus der Überwachungskamera auf dem Bahnhof ermitteln. Seither sitzen die vier 14 bis 17 Jahre alten Tatverdächtigen in Untersuchungshaft wegen versuchten gemeinschaftlichen Raubmordes.
Die Familie von Marcel R. hat sich innerlich darauf eingestellt, dass er noch längere Zeit im Krankenhaus verbringen muss. „Was für Folgeschäden bleiben könnten, das können die Ärzte jetzt noch nicht sagen", berichtet der Schwager. Der Chef der neurologischen Frührehabilitation, Ingo Schmehl, geht von einem mindestens sechswöchigem Aufenthalt aus: „Bei allen positiven Signalen kann nicht ausgeschlossen werden, dass es noch weiterer operativer Eingriffe bedarf.“ So lange hoffen die Angehörigen, dass Marcel R. weiterhin Fortschritte macht und sich ins Leben zurück kämpft.